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Das Internet der Dinge – zwischen Sinn, Unsinn und Gefahr

Sven Krumrey

Jeder von uns kennt das Internet (sonst würden Sie diesen Blog kaum lesen), aber schon längst sind dort Nutzer unterwegs, die keine Menschen sind, sondern Saugroboter, Kühlschränke oder Jalousien. Und über Bluetooth tummeln sich noch weit mehr von ihnen! Was vor 5 Jahren noch futuristisch klang, findet man bei aktuellen Produkten immer häufiger. Der Gedanke dahinter ist natürlich, dass intelligent gesteuerte Produkte den Menschen besser helfen können. Wie bei allen Neuentwicklungen gibt es auch hier die Bandbreite von sinnvoll bis irrwitzig. Ein kleiner Überblick.

Viele Geräte im Netz und nur eine Steuerung

Im Rausch der Produktentwicklungen gibt es immer wieder Begriffe, bei denen selbst gestandene Marketing-Menschen feuchte Augen bekommen. Das Internet of Things gehört dazu. Denn diese Produkte ermöglichen es ihnen, viele Waren nochmals zu verkaufen – nun halt in schlau. Oder wenigstens sollen die Käufer das denken. Mit der Entwicklung von neuen Sensoren, immer kleineren (und billigeren) Sendern und Empfängern stattet man herkömmliche Haushaltsgegenstände, aber auch Industrie-Roboter mit immer mehr „Intelligenz“ aus. Dabei setzt man darauf, dass die Konsumenten sowohl einen Sinn daran sehen – als auch Spaß an ihren ganzen Apps haben. Mit diesen Apps steuert und überwacht man alles, von der Heizung bis zur Kaffeemaschine.

Am besten sieht man das Konzept wohl in der Praxis am Smart Home. Bill Gates hat eines und viele sehen die Zukunft auch für den Normalverbraucher darin. Hier kann man alles steuern, vom Licht über die Temperatur bis zur Alarmanlage. Doch das nicht allein – das Haus kann automatisch reagieren. Das Licht verlischt, wenn Sie den Raum verlassen, Sicherheits-Kameras nehmen Bewegungen vor der Haustür wahr und verschicken bei Alarm Nachrichten an Sie und Jalousien analysieren Temperatur und Lichteinstrahlung, bevor sie herunterfahren. Das Bad wird pünktlich und mit der richtigen Temperatur eingelassen und die Waschmaschine pausiert, wenn man gerade ein Nickerchen macht. Nette Sache. Dabei soll auch massiv Energie gespart werden – mit der Zeit sollen sich die Geräte amortisieren. Das wirft natürlich die Frage auf, wie teuer ein solches Gerät denn sein darf und wie lange es halten muss, bevor man annähernd seine Mehrkosten raus hat.

Ja, es gibt in diesem Bereich sehr sinnvolle Produkte. Darunter fallen wohl Blutzucker-Messgeräte mit Sensor für Diabetiker, die permanent Werte messen und sie per App anzeigen. Sportler mögen ihre Wearables (Armbänder mit Pulsmesser, GPS, etc.) nicht missen wollen, verstehe ich auch. Ich schaue gerne mal, wo meine Pakete gerade sind, wenn ich etwas bestellt habe, dies wäre ohne entsprechendes Tracking nicht möglich. In der Medizin erkennen Maschinen ihre Patienten und stellen passende Infusionen oder Diagnosetechniken gleich bereit. Industrien jeder Art, schon die automatischen Abläufe beim Abladen der Containerschiffe sind auf die entsprechende Technik angewiesen. Doch macht die Entwicklung nicht dort halt, wo es wirklich sinnvoll ist.

Schlaue Produkte - im Idealfall

Wer hat nicht schon davon geträumt, auf seinem Kühlschrank die neusten Mails zu lesen? Okay, das will wohl wirklich keiner, aber es zeigt, was heute schon möglich ist – und schon in Serie gegangen ist. Was sinnvoll ist, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Man kann über ein 21 Zoll Touch-Display Einkaufslisten anlegen und ans Handy senden. Kameras im Inneren des Geräts ermöglichen auch per Handy-App einen Blick, was fehlt und man einkaufen müsste. Haben die Nahrungsmittel dann noch „intelligente“ Etiketten (schon in Planung), so kann man sogar sehen, was gerade abgelaufen ist. Automatisches Nachbestellen? Alles eine Sache der Zeit und natürlich nur, wenn die Kunden mitziehen. Denn nur mit Bill Gates und ein paar Nerds als Kunden wird kein Produkt zum Erfolg.

Neben den Kosten, die anfallen und der Frage, was man denn wirklich alles einstellen, programmieren und überwachen will – kommt der unvermeidliche, kritische Punkt der Sicherheit. Denn mit diesen Produkten betreten die Hersteller Neuland und stehen zudem unter massivem Kostendruck. Würde man für ein Gerät 20€ mehr zahlen, weil es interessante Zusatzfunktionen mitbringt? Vielleicht. Wie wäre es aber bei 40€, weil es zusätzlich auch noch perfekt verschlüsselt seinen Dienst tut? Da wird es für viele schwierig. Dazu müssen Geräte auch von unterschiedlichen Firmen miteinander kommunizieren – und dennoch eine sichere Verbindung bieten. Das klappt nicht immer. So sind bereits große Bot-Netze gesichtet worden, die rein aus IP-Kameras (also Kameras, die sich mit dem WLAN verbinden) bestanden. Aber wer will schon, dass sein Kühlschrank SPAM verschickt? Hacks gegen medizinische Geräte, Industrieanlagen, Autos oder Kinderspielzeug beweisen, dass hier noch enormer Nachholbedarf besteht. Das Business ist jung und verbindliche Sicherheits-Standards existieren noch nicht.

Ohne Sicherheitskonzept - keine Vernetzung! Ohne Sicherheitskonzept - keine Vernetzung!

Dabei ist es weniger der nervige Nachbarssohn mit dem Laptop, der Ihre Heizung verrücktspielen lässt. Finden Kriminelle eine Schwachstelle und ein Produkt ist im Netz, können schnell gleich Millionen davon übernommen werden. Wir reden hier nicht von Computern mit Betriebssystemen, die über Jahre entwickelt wurden, sondern von kleinsten Chips mit maximal reduziertem Code. Das Problem ist dabei, dass Sicherheit hier oftmals als letzter Schritt implementiert (eingebaut) wurde oder die Systeme ursprünglich gar nicht für den Einsatz im „großen Netz“ gedacht waren. Locken dann aber gute Verkäufe, wird ein Produkt schnell auf den Markt geworfen – manchmal ohne überhaupt die Möglichkeit, das Gerät mit sicheren Updates zu versorgen oder Schadsoftware irgendwie zu erkennen. Die Babycam im Kinderzimmer mag praktisch sein, doch hier schauen allzu häufig nicht nur die Eltern zu.

Deshalb muss man kein Technik-Verächter sein, um die Entwicklung eher skeptisch zu sehen. Was unbedingt ins Netz muss – bitteschön. Aber was sollen Kaffeemaschinen, Staubsauger oder meine Heizung darin? Und möchte ich wirklich, dass mein Smartphone zum Tummelplatz von Apps für Haushaltsgegenständen wird? Hier werden mal wieder Marketing, die einsamen Rufer für mehr Sicherheit, die Konsumenten und der gesunde Menschenverstand ein Kämpfchen austragen.

Was mich interessieren würde: Wie sieht es bei Ihnen aus, haben Sie schon Geräte dieser Kategorie in Nutzung? Oder lehnen Sie Produkte, die online gehen, prinzipiell ab?

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