TECH

Der Akku, das unbekannte Wesen

Sven Krumrey

Für viele sind Akkus sowohl Alltag (weil man sie halt benutzt), als auch eine unbekannte Größe. Kommen dann Schlagzeilen, in denen moderne Smartphones ganze Wohnungen abfackeln und oder E-Bikes in Garagen ausbrennen, wird man unsicher. Was ist das für ein Teufelszeug, das unseren Geräten Energie liefert? Wie kann es sein, dass Akkus zu brennen beginnen? Und wie kann man die Lebensdauer dieser Produkte erhöhen?

Explosives in der Hosentasche

Das Problem

Wenn Geräte entwickelt werden, speziell Smartphones, stehen die Firmen vor einem großen Problem: Es soll alles leicht, möglichst dünn und dennoch leistungsstark sein. Weichen Geräte von diesem Ideal ab, gelten sie schnell als veraltet, unelegant und verkaufen sich schlechter. So ist das Samsung Galaxy Note 7 mit 7,9 Millimetern Dicke und 169 Gramm sicher ein tolles Produkt gewesen. Wie immer, sollte auch hier ein leistungsstarkes Gerät mit großem Bildschirm möglichst dauerhaft mit Energie versorgt werden. In mobilen Geräten werden heute fast ausschließlich Akkus mit Lithium-Ionen-Technik verwendet. Keine serienreife Technik kann ähnlich viel Energie speichern, hält so viele Ladezyklen durch und lässt sich so platzsparend und leicht herstellen. Lithium(-oxid) ist aber leider auch extrem reaktionsfreudig, feuergefährlich und giftig. Möchte man daraus eine Batterie mit hoher Energiedichte herstellen, werden dünnste Schichten dieses Stoffs mit höchster Präzision in einem Akku vereint, so viele und so dicht wie möglich. Überhitzen dieses Akkus, werden sie beschädigt, liegen Produktionsfehler vor oder sind sie verunreinigt, droht Brand- oder sogar Explosionsgefahr.

Die Verbreitung

Das Galaxy Note 7 ist der prominenteste Problemfall, allerdings nicht der einzige. Hier waren ca. 0,1 Prozent der Geräte betroffen, was bei 2,5 Millionen verkaufter Geräte ein unzumutbares Risiko darstellte. Andere Geräte entflammen ebenfalls, aber schlicht seltener. Das Problem ist somit weder neu, noch auf Samsung beschränkt, auch wenn es in den Medien gerne so vermittelt wurde. Bereits vor 10 Jahren kokelten Sony-Laptops munter vor sich hin, acht Millionen Geräte mussten mit neuen Akkus versehen werden. Aktuelle Apple-Handys sorgen für ein ähnlich stimmungsvolles Ambiente, auch sie fangen dann und wann Feuer. Aber halt nicht so häufig, dass es für Schlagzeilen oder Rückrufaktionen ausreicht. Wer neben Smartphones noch Elektrofahrräder, E-Zigaretten, Notebooks oder Kinderspielzeug mit modernen Akkus sein Eigen nennt – diese Produkte nutzen ebenfalls Lithium-Ionen-Akkus und auch hier kann es zu ähnlichen Effekten kommen.

Das ewige Laden und Entladen

Kann man etwas dagegen tun?

Gegen echte Konstruktionsfehler, wie beim Samsung Note 7, kann man nichts machen, ganz einfach. Es gibt aber allgemein Möglichkeiten, Akkus pfleglich zu behandeln. So sollte man extreme Temperaturen möglichst meiden, sowohl Hitze als auch extreme Kälte sind hier schädlich. Das Elektro-Fahrrad sollte also nicht den Winter bei Frost in der ungeheizten Garage verbringen, nach der Tiefenentladung könnte die nächste Aufladung die letzte sein. Das Smartphone im heißen Auto zu lassen, ist auch eine schlechte Idee. Feuchtigkeit, man ahnt es, sollte allein schon wegen der Kurzschlussgefahr vermieden werden. Bei den Ladegeräten sollte man auf die Herstellerempfehlungen setzen, um eine Überladung zu vermeiden, sonst kann es gefährlich werden. Fällt ein Akku hart (z.B. auf Betonboden) sollte man ihn nicht mehr verwenden – die innere Struktur könnte beschädigt sein. Das kann auch bei viel Druck passieren, wenn z.B. ein Handy beim Hinsetzen in der Hosentasche zusammengepresst wird, entsprechende Videos lassen erschaudern. Geräte mit Akku, die hingegen dauernd am Strom hängen (wie viele Laptops), sollten auch mal ohne Steckdose betrieben werden, Firmen wie Apple empfehlen hier sporadische Entladungen, um den Akku leistungsfähig zu halten.

Gut zu wissen

Moderne Akkus sollten mindestens 700 bis 1000 Ladezyklen durchhalten, bevor die Leistung merklich sinkt. Die erste Generation gab oftmals früher auf, heute sind Akkus langlebiger. Verabschiedet sich also ein Gerät von Ihnen wesentlich früher, so ist das nicht normal, auch wenn das Verkäufer gerne behaupten. Wenn ein Akku bereits teilgeladen geliefert wird, können Sie ihn sofort verwenden, ein Vollladen vor Beginn ist nicht notwendig. Schnellladegeräte werden durchaus kritisch gesehen, da auch sie die Lebensdauer von Akkus verkürzen sollen. Ob sich diese Nachteile allerdings bei normaler Nutzungsdauer wirklich auswirken, ist umstritten. Die meisten Geräte haben sowieso eine verlässliche Ladeelektronik an Bord, die nur so viel Strom liefert, wie der Akku vertragen kann. Ist der Akku voll, nehmen Sie ihn vom Ladekabel. So wird verhindert, dass der Akku durch andauerndes Laden / Entladen am Rande der maximalen Kapazität belastet wird - zudem kann so Strom gespart werden. Brennt ein Gerät dann doch, ist Löschen kaum möglich. Legen Sie das Gerät am besten in einen Kochtopf und befördern Sie es ins Freie – die Dämpfe sind giftig.

Da gab es wohl ein Problem... Da gab es wohl ein Problem...

Bekannte Irrtümer

Viele kursierende Ratschläge stimmten vielleicht mal für alte Akku-Technologien, sind aber heute überholt. So können Lithium-Ionen-Akkus nicht „trainiert“ werden, wie es z.B. bei Nickel-Metallhydrid-Akkus der Fall war. Es stimmt schon, dass nach ein paar Ladungen andere, oftmals bessere Energiewerte vom Smartphone angezeigt werden – hier wird jedoch nicht der Akku besser, sondern nur die Anzeige durch das Gerät präziser. Eine komplette Entladung (früher ein heißer Tipp) sollte vermieden werden, da dies die Kapazität verringert und die Lebensdauer verkürzt. Wobei die meisten Geräte eh schon ausgehen, bevor diese Marke überhaupt erreicht wird. Ist Ihr Handy irgendwann im Stromlos-Nirwana, muss dies daher nichts Schlimmes bedeuten.

Ausblick

Mit den modernen Smartphones ist die Lithium-Ionen-Technik an ihre Grenzen geraten. Wenn Produkte gefährlich werden, weil die Entwicklungszyklen immer kürzer, die Tests immer oberflächlicher werden und die Bauart selbst Risiken beinhaltet, muss umgedacht werden. Und hier ist auch der Käufer gefragt: Hebt man sich einen Bruch, wenn ein Smartphone ein paar Gramm mehr wiegt? Ist ein Handy mit ein paar Millimetern Dicke mehr gleich klobig? Und auch die Hersteller sind in der Pflicht, ob Sie wirklich dem Trend folgen wollen, auch wenn dadurch das Risiko für die Kunden steigt. Sind aufwendig verschraubte und verklebte Akkus sinnvoll? Wenn Akkus nicht nur kaputtgehen können, sondern auch potentiell gefährlich sind, sollten sie nicht leicht einsehbar und entfernbar sein? Ich jedenfalls verfolge jede Nachricht über neue Akku-Techniken mit großem Interesse. Lithium-Ionen-Akkus sind wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss, hier muss geforscht und Besseres produziert werden.

<strong>Anmerkung des Autors</strong>
Liebe Technik-Kenner, Chemiker, Physiker und Dipl.-Ings.: Dieser Text wurde nach besten Wissen und Gewissen erstellt und ist auch keine Vorlesung, sehen Sie es mir nach. Wenn sich bei der Recherche Angaben oder Tipps unterschieden (was häufiger vorkam), habe ich die „Mehrheitsmeinung“ oder jeweils für mich plausibelste Angabe genommen.

  
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