TECH

Was ist eigentlich VPN? Eine kleine Einführung plus Test

Sven Krumrey

Der Begriff VPN geistert immer wieder durch die IT-Welt. Für die einen ist diese Technik Alltag, andere können sich kaum darunter etwas vorstellen. Darum möchte ich Ihnen einen kleinen Einblick verschaffen und beschreiben, wie sich die Praxis mit VPN darstellt.

Die Idee hinter einem VPN

Schon im Mittelalter wusste man: Möchte man ungesehen von A nach B kommen, ist ein Tunnel eine gute Wahl. Ähnlich ist der Gedanke bei einem VPN: Man schafft einen Tunnel, eine verschlüsselte Übertragung zwischen zwei Computern. Das kann z.B. eine Verbindung zwischen meinem Heimrechner und dem Arbeitsplatzrechner sein, wenn ich von Zuhause aus arbeite, aber auch zwischen Ihrem Rechner und dem Server, über den Sie ins Internet gehen. Auf Letzteres möchte ich mich hier beschränken: Die Internetnutzung über einen VPN-Anbieter. Wird ein solcher Tunnel geschaffen, entsteht ein virtuelles privates Netzwerk (VPN). Dazu wird auf beiden Rechnern eine Software installiert, um eine geschützte Verbindung herzustellen. Der große Vorteil: Die Verbindung kann nicht abgehört werden und das Internet sieht nicht Ihren Rechner, sondern nur den Server, über den Sie surfen. Das sperrt dann nicht nur Hacker aus, sondern auch neugierige Behörden und natürlich auch Datensammler, die sonst alles Greifbare über Sie speichern würden. Versucht dann jemand die Verbindung zurück zu verfolgen, endet alles am VPN-Server, der Surfer selbst bleibt unbekannt. Auch wenn man sich einem öffentlichen WLAN befindet (ob Café, Bahnhof oder Hotel), ist die Übertragung verschlüsselt, normalerweise könnte der Betreiber des WLAN sonst hier Ihre Daten abgreifen.

Nichts geht hier ohne Verschlüsselung

Sonstige Möglichkeiten

Auch geografisch eingeschränkte Inhalte aus aller Welt können über VPNs abgerufen werden. So kann man dann z.B. im Urlaub aus dem Ausland seinen Sport schauen oder die wöchentliche Folge der Lieblingsserie. Diese Inhalte werden normalerweise nur für ein bestimmtes Land freigegeben, gehen sie mit einer ausländische IP auf den Server des Senders / des Portals, erscheint die verhasste Nachricht „Dieses Video ist in Ihrem Land nicht verfügbar“. Auch der Versuch, z.B. Serien im Original zu sehen, scheitert oft an dieser Stelle. Diese Sperren zu umgehen, ist mit VPN möglich, allerdings verstößt man damit wahrscheinlich gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter, die (z.B. bei einem Streaming Portal) Nutzer deshalb auch sperren könnten. Entsprechende Fälle sind aber selten, eine juristische Verfolgung gab es deshalb noch nie. Was man ebenso nicht vergessen darf: Viele Länder haben restriktive Regeln, was gesehen werden darf und was nicht, weil es vielleicht von den Regierungen nicht toleriert wird. Auch hier können lokale Hürden mit VPN überwunden werden - wenn solche Dienste nicht schon längst verboten sind.

Was gute Anbieter ausmacht

Gute VPN-Anbieter bieten zu der verschlüsselten Verbindung zusätzlich eine Verbindung über einen sog. Onion-Router an, wie ich ihn schon im Tor-Artikel beschrieben habe. Dort werden die Daten über mehrere verschlüsselte Server hin und her geschickt, um maximale Anonymität zu erreichen. Was bei Tor aber zu z.T. quälend langsamen Verbindungen führt, soll hier mit Highspeed vonstattengehen. Auch der Standort des Anbieters ist wichtig. Lt. US-Gesetzgebung müssen z.B. dort ansässige Anbieter sämtliche Daten bei Anfrage von Behörden herausgeben, andere Länder haben ähnliche Vorgaben. In anderen Ländern dürfen Verbindungsdaten hingegen gar nicht gespeichert werden, dort steht der Datenschutz des Bürgers im Vordergrund. Es lohnt sich also ein forschender Blick auf den Anbieter, dessen Standort und den Umfang der protokollierten Daten. Gute Anbieter bieten auch einen „Kill Switch“, unterbrechen also die Verbindung komplett, wenn die VPN-Verbindung ausfällt, statt den nichtsahnenden User dann einfach ungeschützt weiter surfen zu lassen. Letztlich wichtig: Preis und Leistung. Nachdem man lange nur ein bestimmtes Datenvolumen erreichen durfte, sind mittlerweile auch im VPN-Bereich Flatrate-Tarife angesagt. Die Preise schwanken stark, bei Interesse würde ich in einen der zahlreichen Vergleichstests hineinsehen, die es im Netz gibt.

Wie kommt man zu einem VPN?

Damit Sie nachvollziehen können, wie alles für den Nutzer abläuft, teste ich einen VPN-Anbieter inklusive Anmeldung, Installation der Software, etc. ausführlich für Sie. In letzter Zeit hat sich Nord VPN einen Namen gemacht und nimmt gerade viel Geld in die Hand, um sich am Markt zu etablieren, für mich also ein guter Testkandidat. Wie immer, erhalte ich für den Test keinen Freizugang oder gar Geld – ich bleibe halt gerne neutral. Also surfe ich zuerst auf die Nord VPN-Seite und melde mich dort an, zum Glück eine Minutensache. Ich nehme zum Testen eine Monatslizenz für 11,95 $, was nicht sonderlich günstig ist. Bei längeren Vertragslaufzeiten kommt man hingegen günstiger weg. Auch hier gilt: Je länger ein Vertrag läuft, desto günstiger wird es. Erfrischend, wie wenig Daten Nord VPN bei der Anmeldung von mir wissen will. Mit einer E-Mail-Adresse, einem Passwort und einer Möglichkeit, Geld zu überweisen (was über Bank, PayPal, aber auch anonym über Kryptowährung erfolgen kann), ist man dabei. Gleich nach dem Kauf meiner Monatslizenz kommt eine Mail, die alles erklärt.

So gesichert arbeite ich von Zuhause aus So gesichert arbeite ich von Zuhause aus

Die Software

Bevor man sicher online gehen kann, muss man eine Software installieren. Also pro Gerät (PC, Handy, Tablet, Laptop) jeweils ein passendes Programm, das die VPN-Verbindung aufbaut. Sechs Geräte darf ich über VPN laufen lassen, alle mit unbegrenztem Datenvolumen. Die Windows-Version ist schnell installiert und reduziert bis aufs Wesentliche: Man gibt seine E-Mail-Adresse plus Passwort ein und schon kann es losgehen. Eine Weltkarte zeigt an, wo überall Nord-Server stehen – und die Auswahl hat es in sich. Ob Costa Rica oder Russland, die USA, Argentinien oder England, alles ist vertreten. Über 4000 Server in 62 Ländern sorgen für genug Auswahl. Man kann aber auch eine Liste der möglichen Länder auswählen, über die man verbunden werden möchte. Bei vielen Standorten kann man per Klick sogar einzelne Server anwählen, normalerweise wählt das Programm aber automatisch den mit der geringsten Auslastung, was gut für die Geschwindigkeit ist.

Zusätzliche Sicherheit auf Wunsch

Ansonsten gibt es noch die üblichen Einstellungen. Soll das Programm mit Windows gestartet werden und sich automatisch verbinden? Wie sichtbar soll man im lokalen Netzwerk sein, welche Meldungen angezeigt werden? Also alles Standard und selbst für Anfänger problemlos zu handhaben. Einzig die (anscheinend neue) Funktion CyberSec musste ich erst mal ausprobieren. Hier hat man anscheinend einen Werbeblocker, Anti-Malware und Ähnliches in ein Feature gepackt, Details werden dazu leider wenig erklärt. Das stört mich etwas. Wenn ich schon ein Produkt nutze, möchte ich einfach mehr Informationen! Da viele Internetseiten beim Test eher allergisch auf CyberSec reagieren (gar nicht oder schlecht angezeigt werden), deaktiviere ich das Ding und nutze weiter meine normalen Sicherheitslösungen.

Geschwindigkeit und Test

Ich wähle mich mal auf einen US-Server ein und teste die Geschwindigkeit durch. Vorher hatte ich 48 Mbit Download an einem Hausanschluss getestet – und genau die bleiben erhalten. Auch die Upload-Geschwindigkeit ist unverändert, nur der Ping (also die Antwortzeit) leidet ziemlich. Beim Surfen macht das aber keinen spürbaren Unterschied, die Seiten laden schnell. Wer aber online via VPN spielen möchte, dürfte den langsameren Ping allerdings bemerken und besonders bei Action-Spielen fluchen. Bei längerer Nutzung enttäuscht dann etwas, dass manche Server doch spürbar lahmen (in Aserbaidschan steht wohl ein C64), es stehen dann aber genügend schnelle Alternativen bereit, auf die ich dann wechsele. Auch sporadische Abbrüche Iommen vor, nach einem Neustart des Programms läuft aber wieder alles sauber durch. Ich kann also zusammenfassend sagen, dass es gut läuft, aber nicht optimal. Testweise schaue ich online ein paar Inhalte, die ich mit deutscher IP nicht sehen könnte – funktioniert problemlos. Dann schaue ich noch bei ein paar Seiten vorbei, die darauf spezialisiert sind, möglichst viele Informationen vom Besucher herauszufinden und ihm diese dann anzeigen, um mögliche Sicherheitslücken aufzuzeigen. Siehe da, man erkennt nur meine (aktuell indische IP) und sonst herzlich wenig, alles wie gewünscht.

VPN auf Knopfdruck? Es geht (fast) so einfach VPN auf Knopfdruck? Es geht (fast) so einfach

Microsoft und Google sind besorgt

Kurz danach habe ich auch schon Post von Microsoft im Briefkasten, Betreff „Ungewöhnliche Anmeldeaktivität“. MS hat offenbar bemerkt, dass ich mich aus einem anderen Land einlogge und man fragt besorgt nach, ob ich es wirklich sei oder gehackt wurde. Auch Google will beim Einloggen wissen, ob man es wirklich mit mir zu tun habe, was mich irgendwie beruhigt – Hacker aus fremden Ländern hätten es gerade schwer, sich für mich auszugeben. Es stellt sich beim Surfen ein gewisses Gefühl der Freiheit ein, ein Hauch süßer Anonymität. Zwar habe ich nicht vor, etwas Illegales anzustellen (aus dem Alter bin ich wohl raus), aber ich mag den Gedanken, tun und lassen zu können, was ich will. Wenn ich mich nicht irgendwo bewusst anmelde (wie bei MS oder Google), werde ich nicht dauernd getrackt (also verfolgt), sondern bewege mich frei durchs Netz, cool! Nord VPN protokolliert dabei nicht mit, wo ich gestern surfte oder heute unterwegs bin. Das interessiert die Firma schlicht nicht. Und da man in Panama sitzt, sind die strengen Regelungen bestimmter Länder auch nicht von Belang.

Fazit

Man kann sich schon dran gewöhnen! Allein das Wissen, dass meine Wege im Netz nicht mehr haarklein protokolliert und analysiert werden, ist Balsam für die Seele. Dabei habe ich bislang (Tag 7 des Tests) nichts Ungebührliches im Netz getan und werde es auch nicht tun. Dennoch hat es einen Reiz, mit neuer IP durch das WWW zu wandeln, sich frei Inhalte aus den verschiedensten Ländern anzusehen und dabei zu wissen, dass Hacker nun in die Röhre schauen. Ich bleibe wohl der VPN-Gemeinde erhalten, allerdings kann das durchaus bei einem anderen Anbieter sein. Den Shooting Star ZenMate werde ich auch noch ausprobieren, CyberGhost, Express VPN und Avira bekommen auch noch eine Chance. Natürlich unter der Voraussetzung, dass der Einsatz dieser Technik erlaubt bleibt. Glaubt man einigen Gerüchten im Netz, gibt es wohl in einigen Ländern Bestrebungen, diese Art der (weitgehend) anonymisierten Internetnutzung einzuschränken oder gar zu verbieten – da hat wohl jemand Angst vor mehr Anonymität im Internet!

Was mich interessieren würde: Nutzen Sie selbst VPN und wenn ja - wie zufrieden sind sie damit?

Sehen Sie es mir bitte nach, wenn am Pfingstwochenende Ihre Beiträge nicht so schnell wie gewohnt freigeschaltet werden. Ich habe meiner Familie versprochen, weitgehend offline zu sein.

Zurück zur Übersicht

Kommentar schreiben

Bitte melden Sie sich an, um zu kommentieren.