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Google Nest Mini im Test: Lohnt sich Googles Kleinster?

Sven Krumrey

Eigentlich bin ich kein Freund der „Smart Lautsprecher“, wie Amazon sie mit dem Echo Dot, Apple mit dem HomePod oder Google mit dem Nest Mini auf den Markt gebracht haben. Obwohl ich Technik liebe, hatte ich sehr lange keines dieser Geräte. Ohne jetzt gleich mit Schaum vor dem Mund gegen vermeintliche Wanzen und Spione zu wettern, Spracheingaben sind mir unsympathisch. Ich rede lieber mit Menschen als Geräten und tippe lieber fix, wenn ich mal eine Eingabe machen muss. Kürzlich aber wechselte ich den Stromanbieter und hatte plötzlich zwei Google Nest Mini als Prämie (statt für ca. 50€ pro Stück UVP) im Postkasten. Neben Amazon und Apple ist Google der dritte Gigant mit eigenem „Assistenten“, getestet hatte ich Googles „Kleinsten“ aber noch nicht. Zeit, dies zu ändern und Ihnen davon zu berichten!

Google Nest Mini in Grau

Sie wissen, was man mit einem geschenkten Gaul macht, also denke ich nicht lange nach, sondern schnappe mir die kleinen Pakete und schaue rein. Ich merke sofort, hier wurde eher spartanisch designt und kein Cent zu viel ausgegeben! Das Kabel misst immerhin ausreichende 1.5m, sonstige Anschlüsse oder Ausgänge gibt es keine. Ein Kabel verbindet das Mini mit der Steckdose, der Akkubetrieb ist bei ca. 15 Watt Verbrauch nicht vorgesehen und ein einsamer Schalter kann das Mikro deaktivieren, das war es. Im Lautsprecher unsichtbar verbaut sind noch ein paar kleine Lämpchen, deren Sinn mir anfänglich verborgen bleiben. Erst bei zögerlichem Betasten wird klar: Es hat jemand ein paar Sensoren spendiert. Durch sanftes Antippen kann die Lautstärke verändert oder das Gerät zum Pausieren / Schweigen gebracht werden, die Lichter zeigen dabei den Status an. Äußerlich ist das Google Nest Mini sonst komplett unscheinbar. Kleine „Pilze“, dürften optisch niemandem weh tun, jedoch auch für keine Innovationspreise sorgen. Die lieferbaren Farben sind wenig spannend, immerhin kann man die Geräte auch an die Wand hängen. Die Hardware ist erwartet „mini“, eine kleine 64-Bit Quad-Core ARM CPU mit 1,4 GHz arbeitet im Verborgenen, drei (Fernfeld)-Mikrofone lauschen auf Ihre Befehle und ein 40 mm Treiber sorgt für den Sound.

Der Klang ist okay, für Größe und Preis sogar ansprechend. Natürlich haben wir es nicht mit HiFi zu tun, mit keinem kleinen Klangwunder, wie zuweilen von Google beworben. Schraubt man seine Ansprüche auf ein realistisches Maß hinunter, kann man hingegen festhalten: Es gibt einen hörbaren Bass, es scheppern die Höhen nicht störend und auch komplexere Stücken klingen annehmbar. Das ist für einen kleinen, günstigen Lautsprecher durchaus akzeptabel, Soundfreunde haben hier weniger Spaß. Bei einem Badezimmerradio erwarte ich jedoch auch nicht den Klang einer Marantz- oder Denon-Anlage, zum Nachrichtenhören beim Wachwerden oder als Soundtrack zum Zähneputzen reicht es locker. Wichtig: So ein einzelner, kleiner Lautsprecher kann nur Mono, für Stereo braucht man zwei, die entsprechend konfiguriert werden müssen. Zu laut für Nachbarn und Mitbewohner kann man es sowieso nicht aufdrehen, bei meiner Messung ist knapp oberhalb 70 Dezibel Schluss. Testweise landen die Geräte in Küche bzw. Badezimmer und sind ohne WLAN weitgehend nutzlos. Zeit, sie (hoffentlich schnell) einzurichten!

Äußerlich unauffällig und ohne weitere Anschlüsse

Gesteuert wird alles – natürlich – über eine App. Google Home nennt sich das Steuerzentrum meiner Lautsprecher und könnte (wenn ich denn wollte) auch Lampen, Chromecasts, Sicherheitskameras oder Thermostate einrichten, verwalten und steuern. Ich belasse es bei den Lautsprechern, die auch schnell ins WLAN geholt werden können. Die Home-App zeigt beim Durchklicken mehr Tiefe als die simple Oberfläche erahnen lässt, hier könnte ich Dutzende Geräte in diversen Räumen einrichten. Ebenso kann man auch andere Personen in seinen „Haushalt“ einladen (z.B. Eltern ihre Kinder), Streamingdienste zur Nutzung angeben, Börsenkurse, Podcasts, etc. für die eigene Nutzung einstellen. Wer sich für ein größeres Gerät mit Screen entscheidet (nennt sich dann Google Hub), kann auch so auch Netflix und Co schauen. Wer damit Nachrichten, Podcasts, Radio oder ein paar Songs hören will, kein Problem! Auch Telefonate kann man führen, wenn man die Einstellungen in der App gemacht hat. Da ich weder im Badezimmer, noch in der Küche telefonieren will, bleibt es beim kurzen Test.

Ab zum Musik-Test! Da wir zuhause über sehr unterschiedliche Musikgeschmäcker verfügen, nutzen wir hier unterschiedliche Spotify-Profile. Um das Ganze geschmeidig anzusteuern, gibt es die Funktion „Voice Match“, die Stimmen erkennt und dann gleich der richtigen Person zuordnet. Dazu muss man ein paar Beispielsätze vorlesen, damit die Stimmfarbe analysiert werden kann. Ist das geschehen, sucht Google bei Sprachbefehlen dann die passenden Profile oder auch die gewünschten Nachrichten heraus. So habe ich testweise mal die Nachrichten aus dem IT-Bereich abonniert, die von einer etwas künstlich klingenden Dame vorgelesen werden. Falls Nest Mini einfach nur als kabelloser Lautsprecher verwendet werden soll, kann zum direkten Ansteuern, z.B. per Handy Bluetooth benutzt werden, ein Klinkenstecker für die Old School-Fraktion ist leider nicht vorhanden.

Google Home, die Steuerzentrale auf dem Handy

Gemacht ist das Mini für den „Assistenz“-Betrieb, also rede ich mal mit ihm. Natürlich ist die Googles Sprachassistent auf gutem Niveau, das sind halt Profis, dennoch gibt es immer amüsante Ausreißer. Die Lausprecher wissen zum Beispiel nicht, ob man im Nebenzimmer ist oder gerade nur leise spricht, wollen aber ihren „Einsatz“ nicht verpassen. So plärrten die Geräte manchmal los, wenn sie meinten, zu einer Aktion aufgefordert zu sein, während man z.B. gerade in einem anderen Zimmer telefoniert. So unterhielt ich mich über ein baldiges Familientreffen, während nebenan plötzlich ein Wikipedia-Artikel zum Thema Nova Scotia verlesen wurde – weshalb auch immer! Interessant ist auch ein anderer Aspekt der Spracheingabe: Google erwartet eine Sprache, in meinem Fall halt Deutsch. Spreche ich etwas Englisch oder Französisch aus, weil diese Begriffe zum jeweiligen Sprachraum gehören, wird es unerwartet schwierig für Google. Entsprechend sind die Chancen am besten, wenn ich z.B. englische Bandnamen so ausspreche, wie es die deutschen Bösewichter aus Hollywoodfilmen getan hätten. Ich komme mir dabei wie ein James Bond-Superschurke mit einer Katze auf dem Schoß vor, aber es klappt. Davon abgesehen sollte man die Befehle nicht zu lang machen und keine irritierenden Pausen lassen, dann geht es.

Fazit:

Bekommt man für sein Geld einen fairen Gegenwert? Jawohl, das Gerät ist zuverlässig, macht wenig Scherereien und als moderndes Pendant zum Küchen- oder Badezimmer-Radio gut zu gebrauchen. Die Home-App ist gut gemacht und man muss kein Experte sein, um alles einzurichten. Tutorials als Video oder als Text gibt es zuhauf im Netz. Schaut man sich bei eBay und Co etwas herum, bekommt man manchmal auch für ca. 25€ Exemplare, dann könnte man sogar von Schnäppchen sprechen. Dennoch werde ich die Lautsprecher weitgehend mit meinem Handy ansteuern und die Mikros per Schalter stumm schalten. Dabei ist es gar nicht vorrangig die Vorstellung, dass mir da ein böser Google-Mitarbeiter zuhört, wie ich in der Dusche mitsinge, das wäre halt sein Pech. Wichtiger für mich: Ich bekomme wirklich fast einen Herzinfarkt, wenn die Dinger einfach losgehen, was schon mehrfach passiert ist. Zudem ist die Spracheingabe manchmal umständlich. Sind die Fragen an Google nicht so banal, ist z.B. ein Songtitel etwas länger oder kann man das Gesuchte nur schwer umschreiben, muss doch wieder das Handy helfen. Wer es einfach mal ausprobieren möchte und nicht gerne tippt, macht hier wenig falsch. Zudem sollten wir nicht vergessen: Viele Menschen können nicht sonderlich gut schreiben oder kommen im gesegneten Alter nicht mehr mit (kleinen) Tasten zurecht – hier können sprachgesteuerte Geräte durchaus ein großer Gewinn sein. Der Rest hört damit eher Radio, Nachrichten oder streamt Musik und macht den Rest lieber per Tastatur.

Was mich interessieren würde: Könnten Sie sich so einen smarten Lautsprecher vorstellen oder haben sogar schon einen?

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