Was bezahlen Sie beim Online-Einkauf? Unterschiedlich!
Stellen Sie sich vor: Sie betreten einen Supermarkt und werden gleich an der Tür nach Ihrer Einkaufsliste, Ihrem Wohnort und Ihrem Handy gefragt. Danach flitzt ein Angestellter des Marktes mit einem Affenzahn durch den Laden und macht alles etwas teurer, denn Sie kommen aus einer wohlhabenden Gegend, haben das neueste iPhone und möchten einen guten Wein für das Abendessen. Dazu stellt er alle teuren Artikel nach vorne. Das klingt seltsam? Mag sein, doch beim Kaufen im Internet mit seinen dynamischen Preisen und Angeboten kann Ihnen genau das passieren!
Was ist dynamische Preisgestaltung?
Auch wenn es für uns meistens unbemerkt geschieht, sind die Preise im Internet ständig in Bewegung. Angebot und Nachfrage, Hypes, Produktionsengpässe, Jahreszeiten und sogar Ereignisse des Weltgeschehens werden zwecks Gewinnoptimierung einkalkuliert. Das alles kennt man und nimmt es mehr oder weniger stark wahr. Es gibt jedoch noch eine weitere, personalisierte Variante dieses Geschehens, wenn Daten herangezogen werden, um den Kunden genauer zu analysieren und ein höchst persönliches Angebot zu erstellen. Geht es nur darum, dass der Kunde nach einem Kauf nicht gleich noch einen Swimmingpool oder Klositz präsentiert bekommt, ist das noch nachvollziehbar, kaum jemand sammelt diese Produkte. Manchmal geht es aber auch gegen die Interessen des Kunden, man dreht unschön an den Preisen oder will ihn verleiten, ein kostspieligeres Produkt zu kaufen. Werfen wir mal einen kleinen Blick darauf, was bei dynamischer Preisgestaltung eine Rolle spielen kann!
Preis nach Tageszeit und Saison
Wir alle kennen wohl die wilde Achterbahn, wenn es um die Kosten für einen Liter Benzin geht. Aber: Kosten Autobatterien zu jeder Tageszeit dasselbe? Denken Sie mal scharf nach: Wann bemerkt man normalerweise, dass die Batterie den Geist aufgegeben hat? Morgens! Ein Test von Verbraucherzentralen zeigte folgerichtig, dass bei Online-Händlern morgens Batterien oder Reifen bis zu 30 Prozent teurer als am Nachmittag waren. Dabei sitzt kaum ein Händler selbst am Rechner und dreht an den Zahlen; Algorithmen berechnen Angebot und Nachfrage und kalkulieren entsprechende Preise. Das Zauberwort für uns heißt hier: Abwarten und am besten antizyklisch Einkaufen. Wie wäre es mit einer Klimaanlage unter dem Weihnachtsbaum oder dem wolligen Wintermantel im Juli? Ist die aktuelle Nachfrage gering oder kommt bald eine neue Version bzw. Kollektion auf den Markt, geht der Preis oft erheblich runter.
Cookies: Nützlich, komfortabel – teuer?
Cookies sorgen dafür, dass wir uns nicht überall neu einloggen müssen und liefern Anbietern oft sinnvolle Informationen, damit wir bereits auf der Startseite das sehen, was wir zuletzt gesucht oder gekauft haben. Doch die Informationen können auch anders genutzt werden – zur tieferen Analyse. Wenn dort kleinere Kundenprofile inklusive Kaufrecherchen, Standorte, Interessen und Ähnliches übermittelt werden, kann man besonders teure oder angesagte Artikel platzieren, anstatt das, was Sie eigentlich suchten. Selbst der Standort kann eine Rolle spielen, sofern er übermittelt wird. Dabei wird nicht nur zwischen der Kaufkraft der Länder unterschieden, sondern auch der direkte Wohnort kann den Preis oder empfohlene Artikel beeinflussen. Wenn man z.B. im noblen Los Altos Hills (Kalifornien) wohnt, wird man wahrscheinlich mehr Geld als der durchschnittliche Detroiter haben, und entsprechend wird kalkuliert.
Besitzen nur Reiche ein iPhone?
Sind iPhone-Nutzer wohlhabender?
Wer über ein Apple-Gerät surft, muss natürlich nicht reich sein. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass dieses Endgerät etwas mehr als ein Android-Handy gekostet haben mag. Apple steht allgemein im Ruf, eine tendenziell kaufkräftige Kundschaft zu haben, weshalb mancher Händler einen kleinen Aufschlag berechnet, sobald man mit einem Apple-Gerät vorbeischaut. Bei diesen Shops werden hingegen mit einem Android- oder Windows-Gerät oft etwas geringere Preise aufgerufen. Besonders bei Portalen, die Hotelbuchungen und Pauschalreisen verkaufen, hat man dies schon beobachtet. Im Zweifelsfall machen Sie die Probe aufs Exempel: Einfach unter Windows (alternativ Android / Linux) einen Browser im Inkognito-Modus starten und sich das Angebot darunter anschauen – unterscheiden sich die Preise?
Die Probe aufs Exempel
Eine Kollegin wollte etwas ausspannen und suchte ein kleines Appartement an der Donau für sechs Übernachtungen. Ein großes Buchungsportal bot etwas Passendes für 495€ am iPhone an. Auf meine Bitte hin versuchte sie es auch über ihren PC, und tatsächlich war das sonst identische Angebot für 475€ zu haben – eine Differenz von glatten 20€. Andere berichten von noch größeren Preisunterschieden, wenn sie z.B. per VPN etwas suchten oder mit gelöschten Cookies unterwegs waren. Es scheint sich also zu lohnen, einen zweiten Blick auf die Preise zu werfen!
Was also tun?
Es lohnt sich immer, Preise möglichst unerkannt (und von wenig prestigeträchtigen Geräten!) einzuholen. Windows, Android oder Linux scheinen den Händlern weniger Reichtum zu verheißen und sind daher nie verkehrt. Der Inkognito-Modus ist eine weitere Möglichkeit; das Löschen / Blocken überflüssiger Cookies kann ebenso helfen. Es gibt auch zahlreiche AddOns für Browser, um die Datenübermittlung an Anbieter maximal einzuschränken, wenn Sie gerade auf Jagd nach den besten Preisen sind. Zu guter Letzt lohnt sich ein scharfer Blick auf die Seiten selbst. Laut EU-Richtlinie müssen Online-Shops seit Mai 2022 verpflichtend angeben, wenn Preise unter Verwendung personenbezogener Daten oder Merkmale durch einen Algorithmus personalisiert werden!