TECH

Ein 27-Zoll-WQHD-Monitor unter 200€, der auch zum Spielen geeignet ist? Der Koorui ‎27E1QA im Test

Sven Krumrey

Kürzlich ging mein alter Rechner in Rente. 7 Jahre hatte er sich tapfer geschlagen, einzig die Grafikkarte wurde bescheiden aktualisiert, doch langsam kam er merklich in die Jahre. Mit dem neuen System fiel mein Blick auf den ebenso betagten Monitor. Die neue Grafikkarte könnte weitaus höhere Auflösungen darstellen, mehr als 60 Hz kann er auch nicht darstellen, zudem ärgerte mich ein toter Pixel schon geraume Zeit. Also schaute ich mal nach einer Lösung, bei der Preis und Leistung im Einklang standen und stieß auf den KOORUI 27 Zoll QHD Gaming Monitor. Diese Auflösung, 1 ms Reaktionszeit und 144 Hz für unter 200€? Das war mir doch einen Versuch wert! Und ein paar Begriffe kann ich Ihnen dabei auch erklären!

So gefährlich muss Werbung aussehen, wenn es um das Thema Gaming geht

Was heißt eigentlich WQHD und wo liegen die Vorteile?

Zuerst ein paar Grundlagen: WQHD bezeichnet eine Bildschirmauflösung, die sich über die Jahre als feiner Kompromiss zwischen dem etwas in die Jahre gekommenen Full HD (1920 x 1080 Pixel) und dem üppigen 4K-Standard (3840 x 2160 Pixel) entwickelt hat. Weshalb man nicht gleich überall auf 4K oder gar 8K geht, hat etwas mit den Kosten zu tun. Natürlich sind 4K-Bildschirme selbst schon nicht günstig, weit mehr ins Geld kann aber die zusätzlich notwendige Hardware gehen. Jeder Pixel muss schließlich von der Grafikkarte berechnet werden, was bei Spielen oft sehr aufwändig ist. Schauen wir uns daher mal an, wie rasch die Anzahl der Pixel mit der Auflösung wächst:

HD (1280 x 720): 921.600 Pixel

Full HD (1920 x 1080): 2.073.600 Pixel

WQHD (2560 x 1440): 3.686.400 Pixel

4K (3840 x 2160): 8.294.400 Pixel

Eine Grafikkarte muss also für 4K mehr als doppelt so viele Pixel wie für WQHD berechnen und das viele Male pro Sekunde, denn natürlich muss z.B. eine dargestellte Bewegung flüssig aussehen, wer will schon ein heimisches Daumenkino? „Flüssig“ setzt minimal 24 Bilder pro Sekunde voraus, die Standard-Framerate für die meisten Kinofilme. Richtig toll sieht das aber am heimischen Monitor nicht aus, speziell bei schnellen Spielen, also bevorzugen die meisten Spieler 60 Bilder pro Sekunde (Abkürzung: fps) und deutlich mehr. Um all das für 4K zu berechnen, braucht man ein wahres Biest von einer Grafikkarte und dürfte allein dafür lächerlich viel Geld bezahlen. Eine NVIDIA GeForce RTX 4080 z.B. kostet gerade so um die 1300€, nicht gerade ein Schnäppchen.

Möchte man ähnliche Bildraten für WQHD, so landet man eher bei einer NVIDIA GeForce RTX 4070 für knapp 600€ oder einer etwas günstigeren AMD Radeon RX 7800 XT (grob 550€). Das ist immer noch sehr viel Geld, aber dennoch nicht mal die Hälfte der 4K-Alternative. Auch Arbeitsspeicher und Prozessor müssen entsprechend potent sein, wenn 4K bildgewaltig erscheinen soll. Sie sehen, wohin die Reise geht: WQHD ist ein guter Kompromiss. Man hat genug Pixel, um auch größere Bildschirme wie 27-Zoll mit entsprechender Pixeldichte zu füllen. Kleinere Bildschirme wirken damit sogar gestochen scharf, dennoch hat man nicht die Kosten für 4K. Hat man WQHD und Full HD nebeneinander stehen, sieht man auch, dass man einfach mehr Platz für mehrere Fenster gleichzeitig hat und die Lesbarkeit deutlich verbessert ist. Bedenkt man, dass WQHD-Monitore gegenüber Full HD nur moderat teurer sind, lohnt sich der Deal für viele.

Doch was bekommt man wirklich für 200€? Ganz ehrlich: Die Marke Koorui sagte mir gar nichts. Man ist hier recht neu am Markt, im Hintergrund steht ein chinesischer Halbleiter-Riese, die Testergebnisse sind zwischen Euphorie und Kritteleien von echten Display-Experten. Da ich weder jubelnder Influencer noch detailverliebter Hardware-Experte mit High-End-Ansprüchen bin, mache ich mir ein eigenes Bild. Beim Auspacken fällt mir wenig Spektakuläres auf. Es wirkt nichts billig, es gibt keine scharfen Kanten, alle Anschlüsse solide verbaut. Der Ständer ist schnell verschraubt, dann sorgt ein Schnappmechanismus für die sichere Verbindung zum eigentlichen Monitor, passt! Am Monitorarm würde ich nicht gerade Klimmzüge versuchen, aber er hält das Gerät solide, nichts wackelt. Man hat an der Rückseite zwei HDMI-Anschlüsse, einen für DisplayPort und einen Audio-Ausgang, denn einen Lautsprecher hat man nicht eingebaut. Denke ich daran, wie 90% der Monitorlautsprecher klingen (Not und Elend), vermisse ich da nichts. Als das gute Stück in Gänze aufgebaut ist, wundere ich mich über schmale Rahmen (kein Vergleich zum massiven Trauerrand des Vorgängers) und das schicke, schlichte Design.

Doch berichte ich hier nicht über ein Kunstwerk und bin kein Apple-Fan, was kann der Monitor? Der erste Start verheißt Gutes: Mein Windows im dunklen Design fährt mit neuer Schärfe hoch und mit einer gewissen Euphorie starte ich gleich das (von Monitor-Produzenten gefürchtete) The Black 4K Testvideo. Und siehe da, der Monitor ist gleichmäßig tiefschwarz, man sieht keinen Deut Hintergrundbeleuchtung, die folgenden Farben sind knackig und das alles „Out of the Box“, also ohne zusätzliche Einstellungen. Als ich die Knöpfe suche, um mit den Konfigurationen zu spielen, kommt der erste Dämpfer: Als müsste man blind Akkordeon lernen, sind die Knöpfe am unteren Rand nach hinten versetzt und versenkt. Dazu ist die Menüführung (besonders aus meiner Sicht des Softwaremachers) einfach gruselig. Kann man alles nutzen, hat auch seinen Zweck, ist aber ärgerlich umgesetzt. Ich stelle die Schärfe um einen Punkt hoch und belasse sonst alles, passt für mich. Der halb verfasste Blog ist scharf zu lesen, mein virtueller Zeitschriftenkiosk Readly sieht weitaus besser als unter Full HD aus, feine Sache. Fast hätte ich vergessen, den Monitor beim Rechner anzumelden, noch läuft er auf 60 Hz Standard. Er kann aber weit mehr, nämlich 144 Hz.

Kräftige, leuchtende Farben und tiefes Schwarz sind inbegriffen

144 Hz heißt: Der Monitor zeigt 144-mal in der Sekunde ein neues Bild, Standard war für lange Jahre 60 Hz. Arbeitet man unter Office oder sieht ein YouTube-Video (hat maximal 60 Frames), macht dies keinen großen Unterschied. Der Mauszeiger „springt“ so weniger, Fenster verschieben sich geschmeidiger, mehr ist im normalen Einsatz nicht zu sehen. Spielt man aber, sieht die Sache ganz anders aus. Sagen wir, ich spiele ein Rennspiel, meine Grafikkarte ist stark und spendiert mir 120 Bilder in der Sekunde. Mit 60 Hz sehe ich davon nur die Hälfte, weil der Monitor mir nicht mehr als jedes zweite Bild anzeigen kann. Mit 144 Hz sehe ich hingegen alle, Animationen sehen runder aus und Bewegungsunschärfen gehen zurück. Um das zu testen, starte ich (komplett selbstlos!) ein paar Spiele.

Assassin’s Creed Origins erstrahlt in aller Pracht und bringt mich zurück in die Zeiten Cleopatras. Ob die Nil-Landschaft oder massive Paläste, so farbig und gestochen scharf habe ich das Spiel noch nicht gesehen. Ein paar schnelle Drehungen – alle Konturen werden sauber dargestellt. Red Dead Redemption 2 wirkt in seiner Westernoptik in diesem Format noch gewaltiger und verbreitet so echtes Kino-Feeling. Selbst bei dem älteren The Witcher 3 Wild Hunt bewirkt der Monitor einiges, die Bewegungen wirken runder und die imaginäre Stadt Novigrad sah noch nie so gut für mich aus. Also alles gut? Fast, denn es gibt noch das gute alte Ballerspiel, auch First Person Shooter genannt. Mit Doom Eternal rase ich probeweise durch ein paar dunkle Gänge, in denen gefühlte 100 Grau- und Schwarztöne zu sehen sind. Drehe ich mich hier schnell, ärgert mich das sogenannte Ghosting. Diese „Geister“ sind Schlieren, zu langsam reagierende Pixel, die etwas träge einer Bewegung folgen. Das Problem haben viele Monitore der unteren und mittleren Preisklassen und auch der Hersteller Koorui weiß davon. Man bietet in den Einstellungen ein paar Hilfen an (nennen sich Reaktionszeit und MPRT), die jedoch nur etwas Abhilfe bringen.

Wer also seine Freizeit primär damit verbringt, wild schießend durch dunkle Katakomben zu rasen und dies gar im Wettstreit mit anderen mag, sollte etwas mehr Geld in die Hand nehmen und einen anderen Monitor kaufen. Ist ein Spiel heller, wie bei Cyberpunk 2077 klar konturiert oder sind die Bewegungen etwas langsamer, sehe ich hier kein Problem. Vergleiche ich den Gesamteindruck mit den Dell-Flaggschiffen, die ich auf der Arbeit benutze, so ist natürlich ein Unterschied zu sehen. Die Farben sind dort etwas natürlicher und alles wirkt irgendwie heller. Nur kosten diese Geräte mehr, haben den klassischen 60 Hz Standard und längere Reaktionszeiten, sind also eher für Arbeit und Internet geeignet.

Schnell durch das nachtschwarze Gotham rasen? Hier droht Ghosting-Gefahr Schnell durch das nachtschwarze Gotham rasen? Hier droht Ghosting-Gefahr

Das Fazit ist daher recht einfach. Man bekommt hier eine Menge Schauwert fürs Geld. Farben, Größe und Leistung passen einfach, die meisten Spiele sehen wie gemalt aus und für Office und Surfen ist das Gerät klasse. Die Konfiguration am Monitor selbst ist verbesserungswürdig, das besagte Ghosting nervt bei düsteren First Person Shootern, doch wer diesem Genre nicht zugeneigt ist, kann jede Menge Spaß mit dem Koorui haben. Wie immer, sollte auch der Preis in die Erwartungshaltung einfließen. Es gibt sicher bessere Monitore in dieser Kategorie – die kosten dann aber auch mehr. In den Staaten wurde das Modell schon für 150$ gesehen und wer daran Interesse hat, sollte auf Sonderangebote achten. Und so verbleibt dieses Gerät, welches ich eigentlich nur testweise bestellt hatte, in meinem Besitz!

P.S. Ach ja, natürlich kriege ich keinen Cent von Koorui, habe das Gerät normal bezahlt und auch unsere Firmen haben nichts miteinander zu tun. Mich hat es einfach interessiert, Sie vielleicht auch!

Zurück zur Übersicht

Kommentar schreiben

Bitte melden Sie sich an, um zu kommentieren.