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Vier Messenger, die besser als WhatsApp sind

Sven Krumrey

Mit der Ablösung der SMS durch den Messenger übernahm WhatsApp recht schnell eine dominante Position, heute hat man täglich eine Milliarde aktiver Nutzer. Meistens funktioniert die App auch problemlos und die Anmeldung und Nutzung sind gediegen gestaltet. Also alles gut? Nein! Spätestens seit dem Kauf durch Facebook und einem umstrittenen Datenaustausch mit dem Facebook-Konzern hat der Ruf der App stark gelitten. Man interessiert sich allzu sehr für Meta-Daten (Wer hat mit wem kommuniziert?) und versucht, immer komplettere Benutzerprofile zu erstellen. Facebook, WhatsApp und Instagram gehen hier Hand in Hand. Auch die Sicherheit ist immer wieder Diskussionspunkt, bedeutende Sicherheitslücken werden allzu regelmäßig gefunden. Zeit für vier gute Alternativen, die WhatsApp überflüssig machen!

Kein Handy ohne Messenger

Edward Snowdens Geheimfavorit: Signal

Redet man mit Informatikern und spricht sie auf Signal an, huscht häufig ein Lächeln über die Gesichter. Der Open-Source-Messenger Signal nutzte schon verschlüsselte Protokolle, als bei WhatsApp davon noch keine Rede war. Die kostenlose Open Source-Software ist dabei sehr benutzerfreundlich und ermöglicht nicht nur das übliche Chatten, sondern auch Videotelefonie, das Teilen von Daten, z.B. von Bildern. Dabei bietet man eine saubere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, bei der kein Abfangen und Auslesen der Daten möglich ist. Möchten Nutzer ganz auf Nummer Sicher gehen, versenden sie „verschwindende Nachrichten“, die sich nach einer gewissen Zeit automatisch löschen. Und weil man sehr viel Wert auf die Privatsphäre legt, gibt es auch keine Backup-Funktion, denn die Sicherung könnte ja in falsche Hände geraten. Selbst die Telefonnummern, die für eine Kommunikation zwischen zwei Teilnehmern essentiell sind, werden nur verschlüsselt übermittelt. Wer hier mit wem kommuniziert, können selbst die Server später nicht nachvollziehen. Edward Snowden und andere internationale Sicherheits-Experten machen unentgeltlich Werbung für diese App, weil sie als besonders unterstützenswert gilt. Die Firma dahinter, Open Whisper Systems, finanziert sich nur durch Spenden, ein klarer Pluspunkt. Signal ist also ganz sicher einen Versuch wert!

Gute Nachrichten aus der Schweiz: Threema

Für unter zwei Euro kommt mit Threema aus der schönen Schweiz ein besonders diskreter Messenger. Hier ist man nicht an Meta-Daten interessiert, selbst Ihre Gruppen oder Kontaktlisten bleiben auf dem Handy und wandern nicht über die Server. Das Unternehmen betont: Selbst wenn man wollte, könnte man nichts mitlesen, hier greift eine saubere Ende-Zu-Ende-Verschlüsselung. Man kann in gewohnter Art chatten, das Thema Telefonie hat man inzwischen auch sauber integriert. Ansonsten ist die Nutzung selbst denkbar einfach, es gibt nette Zusatzfunktionen wie Abstimmungen (wenn z.B. mal gefragt sein sollte, welches Bier man für die Party kaufen soll), Sprachnachrichten und die gängigen Medien können auch versandt werden. Nicht zu vergessen ist der Standortvorteil Schweiz: Hier hat man nicht nur tolle Schokolade, sondern eines der strengsten Datenschutzgesetze der Welt. Ich würde Threema allerdings eher Menschen empfehlen, die etwas Ahnung von Technik haben. Die Einrichtung samt Erstellung einer Benutzer-ID (statt Telefonnummer) ist zwar besonders sicher, könnte manchen Anfänger aber verwirren.

Auf allen Geräten zuhause: Wire

Der Geheimtipp: Wire

Ebenfalls aus der Schweiz kommt Wire, ein weiterer Open Source-Messenger. Der ist nicht nur ausnehmend hübsch, sondern auch sicher und kostenfrei(für private Nutzung). Auch hier geht alles nur verschlüsselt über den Server und liegt als Meta-Info höchstens anonymisiert vor. Alle Inhalte sind nur auf Ihrem Handy und den Empfängern ihrer Nachrichten, selbst ein direkter Zugriff auf die Server würde nichts Verwertbares bringen. Wire bietet auch (Video-)Telefonie und erlaubt sogar die Erstellung zweier Nutzer, so z.B. für einen privaten und einen geschäftlichen Zugang. Macht schon Spaß, zudem kann man diverse Inhalte gut teilen. Wichtig: Nutzt man dafür Funktionen von Drittanbietern (z.B. Spotify, Youtube, etc.) so wird es weniger sicher / anonym, denn die jeweilige Funktion gehört dann nicht mehr zu Wire, sondern den anderen Anbietern. Besonders auffällig ist die gute Gesprächsqualität, meine Testanrufe kamen glasklar an. Zudem gibt es eine Version, mit dem am Computer arbeiten kann, sehr gut! Ansonsten macht Wire einen aufgeräumten, professionellen Eindruck und ist sicher mal einen Versuch wert.

Datenschützer auf der Flucht: Telegram

Telegram ist so sicher, dass es die russischen Behörden verbieten wollen. Dieses Qualitätssiegel trägt das Programm also eher unfreiwillig, auch die Flucht des Mitgründers Pawel Durow erfolgte durch Druck der dortigen Geheimdienste. Dabei kann man zwischen unterschiedlichen Verschlüsselungen wählen. Am sichersten ist der „geheime Chat“, hier ist die klassische Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Nachrichten verbleiben auch nur auf dem Sender- und Empfangsgerät, nichts bleibt auf dem Server zurück. Etwas überraschend sind die normalen Chats nur jeweils vom Sender zum Server und dann vom Server zum Empfänger verschlüsselt, hier könnte der Betreiber mitlesen, wenn er denn wollte. Anders als die anderen Alternativen ist das Programm in der Regel cloud-basiert, man kann die Nachrichten also von jedem Gerät aus lesen, wenn man die korrekten Zugangsdaten kennt. Das Programm ist recht verspielt, es gibt jede Menge Zusatzfunktionen wie Gruppenchats, Sticker, Spiele und scheint eher für die jüngere Generation gedacht zu sein. Meinem Ideal entspricht Telegram wegen der Cloud-Nutzung und der Verschlüsselungs-Lücke bei normalen Chats nicht, mehr als 100 Millionen Nutzer sehen die Sache lockerer.

Lohnt sich ein Wechsel?

Der schwierige Wechsel

Hat man sich für ein anderes Programm entschieden und es installiert, ist es damit nicht getan. Das Problem: Wem Sie auch immer schreiben wollen, muss das Programm ebenfalls installiert haben. Da ist durchaus Überzeugungsarbeit nötig! Es ist ja auch so bequem mit WhatsApp, zudem sind ja schon alle dabei! Besonders etwas technikfremde Menschen, die gerade heilfroh sind, sich halbwegs mit WhatsApp oder dem FB Messenger auszukennen, wechseln sehr ungern. Ganz klar: Leichter fällt es bei Programmen wie Skype, Hangouts oder dem Facebook Messenger (die weit verbreitet und im Aufbau WhatsApp am ähnlichsten sind), dort kann man aber nur aussuchen, welchen Datenkraken man nun füttern möchte. Für mich ist das keine Option! Es lohnt sich also durchaus, mal mit Freunden und Verwandten einen kleinen Plausch zu halten, ob man auf ein anderes Programm ausweichen möchte. Die paar Minuten Runterladen – Installieren – Einrichten sollten uns Sicherheit und Privatsphäre doch wert sein!

Was mich interessieren würde: Nutzen Sie einen anderen Messenger als Whatsapp (oder Facebook Messenger)? Fehlt hier eine gute Alternative?

Bild 2: © Wire Swiss GmbH

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