Kürzlich drückte man mir ein neues Handy zum Testen in die Hand. Nachdem ich ein paar Funktionen durchgeklickt hatte, öffnete ich die vordere Kamera und machte ein Selfie. Was ich sah, konnte ich zuerst kaum einordnen. Ein Milchbrötchen mit Augen trifft es wohl am besten. War das Ding kaputt? Hatte ein Kollege spaßeshalber Butter auf der Linse verteilt? Nein, es war standardmäßig der Beauty-Filter angeschaltet. Wollte ich das? Nein. Sehe ich als nebulöse Gestalt besser aus? Vielleicht zu Halloween. Aber hinter all dem steckt ein größeres Problem.
Wenn eine solche Funktion schon standardmäßig aktiviert ist, geht der Hersteller davon aus, dass die meisten Nutzer sie sowieso aktivieren würden. Und damit liegt er richtig. Ein kurzer Blick in die Download-Charts der App-Stores zum Thema Beauty zeigt: Apps mit Schönheitsfunktionen sind auf Milliarden Handys vertreten. Dabei werden nicht nur Pickel retuschiert, vom Doppelkinn bis zur kompletten Gesichtsform kann alles editiert werden. Andere Software widmet sich eher dem Körper und macht in Industrienationen wohl im Regelfall aus etwas mehr etwas weniger oder fügt an den richtigen Stellen ein paar Kurven hinzu. Manche Werbetexte sind schmerzlich deutlich: „Endlich kannst Du so sein, wie Du es schon immer wolltest!“ Jedenfalls auf ein paar Pixeln, die sind ja geduldig, die Realität bleibt unverändert.
Ein Freund rief mich an, er hatte Redebedarf. Über die Kontaktbörse Tinder hatte er eine junge Dame aufgetan und wollte sich mit ihr am Bahnhof treffen. Er gab zu, dass seine im Portal eingestellten Bilder sehr gut getroffen und leicht bearbeitet waren. Er schickte sie mir zum Beweis, ich würde sie als sehr schmeichelhaft, aber halbwegs realistisch einordnen. Als sie sich dann am Bahnhof trafen, gab es ein Problem, sie erkannten sich schlicht nicht. Erst ein Anruf brachte Aufklärung – und Ernüchterung. So endete der Abend auch eher schnell und gänzlich ohne romantische Note. Wenn aus dem markanten Casanova ein normaler Büroangestellter wird und die verführerische Prinzessin zum Mädchen von Nebenan, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Sie genügten nicht dem Bild, das sie vorher von sich gezeichnet hatten.
Erst mit entsprechenden Apps gelingt das Selfie perfekt
Was nach einer harmlosen Spinnerei der modernen Gesellschaft klingt, hat für die jüngere Generation z.T. fatale Folgen. Besonders in dem Lebensabschnitt, wo die eigenen Eltern zunehmend uncool erscheinen, orientieren sich Heranwachsende häufig an ihren Idolen aus den Medien. Doch der Druck wächst. Während frühere Idole durchaus ihre Problemzonen hatten, liegt die Latte heute höher. Was hartes körperliches Training plus Spezialdiät allein nicht schaffen, wird per Photoshop erledigt. Auch die Fotos der meisten Magazine werden erst vom Management freigegeben, bevor sie gedruckt werden oder online gehen. Die Ergebnisse dieser Bemühungen werden in Bildern und Videos bis ins Detail gezeigt, natürlich frei von Pölsterchen, Falten, Runzeln und sonstigen Makeln, hochauflösend bis 4K. Der Traum eines jeden Dermatologen.
So sind aber Menschen nicht. Sie werden nicht gecastet und entsprechen normalerweise nicht dem Erscheinungsbild von Supermodels. Und an dieser Kluft zerbrechen besonders Kinder und Jugendliche. Eine befreundete Therapeutin erzählte mir von den Auswirkungen, die das „digital Perfekte“ nach sich zieht. Zu ihr kommen täglich junge Menschen beiderlei Geschlechts, die hungern, wie besessen trainieren, sich morgens gegenseitig ihr Gewicht zurufen oder selbst verletzen, wenn sie ihren Anforderungen nicht genügen. Ebenso vertreten sind Grundschüler mit dem Wunsch nach Schönheits-OPs, stark geschminkte Zwölfjährige und kleine Jungen, die gerne Steroide für mehr Muskelwachstum hätten. Viele haben Bilder und Poster in Hochglanz Ihrer Stars bei sich und sehr detaillierte Vorstellungen, wie sie aussehen und wirken möchten. Und wir reden hier nicht von Hollywood, diese Kinder leben in einer deutschen Großstadt. Ich gebe zu, das habe ich vorher nicht gewusst.
Posieren wie die Erwachsenen
Der Wahn um die angebliche Perfektion ist so groß, dass es ein eigenes Genre von Zeitschriften gibt, in dem unretouchierte Fotos der Stars gezeigt werden. Jede Falte, jedes Gramm zu viel und jede Cellulite wird hier abgefeiert, etwas Linderung für geschundene Seelen. Doch langsam scheint sich etwas zu ändern. Die ersten Makeup-Firmen versuchen mit ungeschönten Bildern ihr Glück und Pädagogen plädieren für Warnhinweise á la „Vorsicht, dieses Foto wurde digital verändert und entspricht nicht der Wahrheit“ oder ähnliche Aufklärungstexte. Bis Derartiges umgesetzt wird, werden noch viele Bilder voll künstlicher Perfektion erscheinen. Ich schalte den Beauty-Filter des Test-Handys ab, habe wieder Falten, bin wieder Mitte 40 und sehe aus wie ein Mensch, nicht wie ein glattes Etwas. So soll es sein.
Was mich interessieren würde: Würden Sie Warnhinweise auf manipulierten Bilder befürworten? Oder muss unsere Gesellschaft besser lernen, mit dem schönen Schein umzugehen?
Ich selber hatte in jüngeren Jahren u.a. auch eine EXAKTA Varex „Fotomaschine“ die buchstäblich alles meistern konnte von Mikroskopaufnahmen bis Kosmos mit stundenlanger Langzeitbelichtung usw. Die Älteren hier kennen das sicher noch mit HINTER der Kamera zu sein. Deren Selbstauslöser wie auch später in z.B. Minox KB oder dann Digital Kameras nutzte ich nur zum „weichen“ Auslösen ohne Verwackeln. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, damit eine Stange haltendes Selfie zu machen.
Ich verstehe ja irgendwie, dass die nun Massen-Knipser durch das Smartphon mit vielfach erstem dabei Fotoapparat im Leben, sich selber als beliebtestes Motiv entdecken.
Ein Beauty-Filter und sämtliche Zwangs-Norm setzende Apps dazu - trotz aller Folgen, schien somit den Herstellern logisch verkaufsfördernd wichtig und wurde dankbar angenommen.
Ich frage mich aber: Was folgt als nächster Steigerungs-Norm-Kick ? Neben Herz-/Pulsfrequenzdaten ja schon erfolgreich im Handel - vielleicht „Röntgen“ Selfie Aufnahme mit: „Seht alle her, so gesund ist mein Schädel“ ?
Die nächste Stufe ist wohl, Körperteile abzulichten, die sonst der Gesellschaft eher verborgen sind. Aber auch das ist schon bei vielen Alltag... :)
hallo herr krumrey,
hat schon jemand "über" den tellerrand geschaut ? da sind nicht nur die paar "bildchen" die retouschiert werden, da sind Nachrichten und scripted-reality Shows die retouschiert (gescriptet) sind...DAS finde ich viel schlimmer. das die "modepüppchen" und "Supermänner" nicht echt sind...müßten wir doch langsam aus dem FF kennen....aber was mich mehr ängstigt ist die Tatsache, das die heutige Jugend den "müll" im tv für echt hält... wie sagte doch letztens ein bekannter der Jurist ist : "wenn assi`s zu assi`s assi sagen, klingelt bei mir die kasse".....
gruselig was im wa(h)ren leben da abläuft....
Moin Herr Krumrey, Moin zusammen.
Mein lieber Scholli, was sind das nur für arme Würstchen!
Die ihre Bilder SO retuschieren "müssen"!
Ich brauch so etwas NICHT. ICH BIN SCHÖN.
Ganz natürlich. Ganz ehrlich.
Was? Ihr glaubt mir nicht?
Sag ich doch: ihr armen Würstchen.
Ein schönes Wochenende für Euch
Dieter Striegel
Ich bin überzeugt, alle Leser/innen dieses Blogs sind wahre Zierden des Menschengeschlechts und charakterlich einwandfrei. :)
Guter Bericht und auch gute Kommentare. Es ist doch wie es immer ist und auch bei manchem Kommentator hier so sein wird, zuallererst belügt man sich selbst ein klein wenig und wundert sich dann dass es alle so machen. Wie schon geschrieben wurde, hilft es nichts davor zu warnen, weil es jeder weiß. Entweder der Staat kann es verbieten oder es wird sich nichts ändern. So ist derzeit die Gesellschaft und unser Lebensstil und es kann sich jeder nur an der eigenen Nase fassen und versuchen auf sein Umfeld positiv einzuwirken.
Egal wie viele Einzelschicksale sich durch diese Schummeleien ergeben, unsere Gesellschaft hat ganz andere Probleme über die niemand redet und ich meine nicht die Flüchtlinge.
Ganz sicher haben wir als Gesellschaft auch andere Probleme, sicher auch dringendere. Ich hoffe nur immer, dass wir es hinbekommen, uns auch um die "kleineren" Problematiken zu kümmern, wenn es Menschen gibt, die darunter wirklich leiden.
Hier zeigt es sich wieder wie "bunt und überraschend" das Leben sein kann.
Aber mal Spaß beiseite. Wo im täglichen Leben werden wir nicht getäuscht und manipuliert ?
In der Werbung, beim Kauf, auf der Straße, alle die Dinge die wir wahrnehmen sind etwas verändert und verschönt um unsere Aufmerksamkeit zu erreichen.
Selbst beim Lesen werden uns Dinge untergeschoben die unsere Sicht und Meinung verändern sollen.
Davon leben ganze Industriezweige (z.B. Mode, Automobilbau, Luxusartikel)
Es wird uns suggeriert: Nur wenn wir auch dazu gehören, dann bekommen wir Wertschätzung. Genau das ist das Ziel der Anstrengung.
Und wenn wir uns dann diesen begehrenswerten Artikel gekauft haben kommt alles ans Licht.
Man hat uns wieder mal getäuscht. Ein paar Personen rebellieren, aber der größere Teil gibt nicht zu erkennen, dass er reingefallen ist und schweigt, denn es könnte dem Image schaden.
Genau so ist es mit einer aufgestylten Darstellung vor dem Kennenlernen, so dass sogar beide Seiten einen Reinfall erleben können. Beim Kauf ist das immer einseitig.
Lieber Sven, Du hast mit Deinem Artikel wieder schön "die Seele des Volkes" getroffen.
Mir macht das immer wieder Freude Deine Blogs zu lesen.
Da ist mir gerade noch ein Histörchen von meiner Tanzstundenzeit vor etwa 50 Jahren eingefallen. Damals gab es noch nicht solche "wertsteigernden Anwendungstechniken". Da war dann nach einer abendlichen ausgelassenen Feier am nächten Tag der gleiche Effekt zu beobachten. Das Objekt des Abends bei Lichte besehen, sah etwas anders aus :-) Also immer schön "Augen auf".
Vor 50 Jahren gab es (neben Makeup) ja schon diese leicht beängstigenden Schummel-BHs, das Korsett gibt es ja schon seit Jahrhunderten, der schöne Schein ist nicht neu. :)
man könnte meinen es sind nur noch Selbstdarsteller unterwegs.Durch diesen Selfiewahn wurde das erst richtig befeuert.
Tugenden wie Bescheidenheit,Disziplin und Verantwortung scheinen in der heutigen Gesellschaft immer mehr zu verschwinden.
Aber naja die Selbstdarsteller nicht nur auf Instagramm und Co.sind überall auf dem Vormarsch.
Was ist da wohl bloß schiefgelaufen?
Es haben sich über die sozialen Netzwerke neue Plattformen für Selbstdarstellung ergeben und die werden eifrig genutzt. Ich denke nicht, dass es heute wesentlich mehr Selbstdarsteller gibt, sie haben so nur mehr Verbreitung. :)
das ist nur ein weiterer schritt zum totalen verlust der gesellschaftlich sozialen gesundheit. menschen sind neurotisch, ja, man kan sagen psychisch krank. wir sind da ja schon sehr weit gekommen.
"DU" BIST DIE GESELLSCHAFT!
es gibt so etwas wie gesellschaft im realen nicht , so wie geld oder der staat oder grenzen nur ein fitkives konstrukt sind. es gibt kein "die anderen", es gibt nur "das ich"! oder nennst du dich du?! wir schauen alle aus den selben löchern im weltraum in "die welt".
oder bist du nicht real?! dein verstand, deine seele?!
ich denke bewustsein lässt sich nur darüber definieren ob man verletzt werden kann. und verletzt werden wir ständig weil keiner mehr kapiert das es nur dass du gibt, sich aso selbt verletzt wenn er anderen garstig ist....
Sowohl als auch: Warnhinweise sind meines Erachtens ebenso geboten wie ein Lernen bzw. Umdenken der Gesellschaft, was den Umgang mit dem schönen Schein betrifft. Nobody is perfect. That´s it.
Braucht es wirklich überall irgendwelche Hinweise auf lauernde Gefahren oder reicht es kritisch zu bleiben und gründlich nachzudenken?
Der Druck auf Mädchen beginnt ja schon in sehr frühen Jahren auch wenn die Einflussnahme sehr subtil ist. Wenn die Eisprinzessin und Ihre Schwester Wespentaille haben, die man bestenfalls mit Hungern erreicht und die Barbiepuppe die Oberschenkelform einer Magersüchtigen dann wird das unbewusst abgespeichert und manche Jugendliche wundert sich später, warum sie sich so unsicher fühlt.
Ist schon krass wieviel das Augenmerk auf die Äußerlichkeiten gelegt wird. Ich weiß nicht ob Warnhinweise an diesem Massenphänomen etwas ändern würden.
Ich denke da nur an die echt ekligen Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln mit ihren pauschalisierten Warnhinweisen. Ich kenne niemanden, der aufgrund dessen mit dem Rauchen aufgehört hat.
Vielleicht sollte man eine grundsätzliche Warnung auf das Display eines Handys gravieren: " Achtung, das hier ist nicht das Leben "
Hallo allerseits...
ich muss gestehen - ich habe mir auch schon einen Pickel wegretuschiert, Schatten ein wenig aufgehellt und der Himmel auf meinen Fotos war in Wirklichkeit auch nicht immer so strahlend blau - aber niemals so, dass ich meine eigenen Fotos nicht wiedererkenne.
Aber bitte keine Olympiade der Verbote starten, dafür ist mir persönlich dieses Thema nicht wichtig genug. Ich bin Jahrgang '58 und kenne den Beauty-Wahn aus eigener Erfahrung nicht.
In Chats, oder eben der guten alten Kontaktanzeige, wird vermutlich seit jeher mehr gelogen, als in so mancher Steuererklärung - und zwar in Wort und Bild.
Bei Frauen einfach fünf Kilo hinzurechnen und bei Männern mindestens fünf Jahre, dann kommt's meistens hin
Ich richte meinem Freund aus, dass seine Erfahrung kein Einzelfall ist, das wird ihn etwas beruhigen. :)
man muss den Leuten nicht alles vorkauen. Es weiß jeder, dass so makellose Fotos nicht der Realität entsprechen. Die Eltern sind angehalten, ihren Kindern das beizubringen. Aber viele Mütter sind ja selbst irre. Sie wissen es alle und trotzdem eifern sie einer Fata Morgana nach.
Soll der Staat nun mittlerweile dem Volk die Does and Don'ts vorschreiben???? Nicht rauchen, Warnhinweise auf der Packung. Saufen dürfen wir aber noch. Süßigkeiten ist der nächste Schritt bzw. Zucker. Wollen wir, dass alles reglementiert wird???
Ich finde gut, dass es jetzt erfolgreiche Curvy Models gibt. Pretty Ugly war ja schon mal in … wenn Firmen ihre Kunden unter den normalen Menschen suchen würden und nicht mit makellosen Menschen werben, dann wäre viel gewonnen, aber auch die makellosen Menschen in der Werbung sind mit Photoshop bearbeitet.
Bei Erwachsenen stimmte ich Ihnen zu, die sollten zwischen Schein und Realität unterscheiden können. Bei Kinder und Jugendlichen sehe die Sache etwas anders. Die nehmen leider allzu viel für bare Münze.
Ein sehr guter Beitrag, Glückwunsch! Endlich spricht das mal jemand an.
Vielleicht bin ich ja zu alt, aber wie dusselig muss man sein, beschönigende Filter auf die Bilder der eigenen Visage zu setzen und diese dann in social media und co zu verwenden - wo dort doch auch alle diejenigen unterwegs sind, die mich schon mal "in echt" gesehen haben?
Das zeigt doch erst recht wie sehr man sich für sein wirkliches Aussehen schämt. Und in Dating Apps gefakete Bilder oder auch ein falsches Alter zu verwenden, das finde ich genauso lächerlich wie Push Up Pants für den Hintern oder Bauch-weg -Mieder.
Am Ende kommt sowieso alles ans Licht, und wie steht man dann da? Wie ein schwaches armes Würstchen, das nicht zu seinem Körper / Alter steht.
Da bekäme ich lieber eine Zuschrift (mit Potential) im Monat anstatt 20 emails am Tag, die mir nur bestätigen dass ich richtig gut geschummelt habe.
Und nein, ich bin nicht 25 und habe einen superheissen Körper (nach dem Motto, die hat ja gut reden...) - ich bin fast 50 und habe ganz schön Übergewicht.
Es ist doch traurig wenn junge Menschen schon mit Komplexen aufwachsen, besonders in der Pubertät wird das Ganze ja dann noch schlimmer.
Als ob es im Leben nichts Wichtigeres gäbe als nach aktueller Vorgabe "schön" zu sein....
Hinweise auf den Bildern fände ich gut, auch wenn sich das irgendwann abnutzen und man es nicht mehr wahrnehmen würde; dennoch könnte man Kinder besser damit "aufklären".
Und: wenn schon Filter, dann bitte nur im Spiegel in der Umkleidekabine ;-)
Leider wird Photoshop oft mit schlechter Retouche gleichgesetzt in den Medien. Wenn man dann schon Photoshop hört, denkt man sofort an "künstlich". Das ist falsch. Dann wird auf der anderen Seite gesagt, "Out of CAM" wäre natürlich. Das ist zwar martialisch, aber ebenfalls falsch - abgesehen davon gibt es kein OutOfCam - also ein völlig unbearbeitetes Bild. - Der Sensor SIEHT anders, als das Auge, Lichtverhältnisse können aus Poren Krater machen usw usw, So schlimm wie OutOfCam sieht keiner aus - so schlimm wie nach einer Vergewaltigung durch schlechte automatisierte Retouche Aps auch niemand. Das Schlimme ist: wir TRAINIEREN dadurch unser SEHEN auf schlechte Qualität. Auf verwaschene Eliminierung der Strukturen, auf eine Kontourenverzerrung, dass eine 45 jährige aussieht wie 13. Aber wenn man gute Qualität gewohnt ist, sieht man das geÄppe auf den ersten Blick - und das kommt nicht mehr lustig rüber. - Mein Maßstab für eine Retouche ist, wie ich die Person in Erinnerung habe. Daran gleiche ich die Strukturen durch Heal, D&B, an und korigiere Farb und Sättigungsprobleme. Es gibt qualitativ hochwertige Retouche ohne Frequenztrennung z.B. - das muss man lernen und länger üben - und die VERÄNDERT eine Person NICHT. DAS ist dann Photoshop - aber doch nicht dieser MATSCH! Und genau der passiert durch diese automatisierten Apps. Und eine negative Erziehung auf schlechte Qualität.
Mich freut es immer, wenn auch Kenner der Materie schreiben. Ich bin in Bildbearbeitung eher ein "erfahrener Dilettant" und bin gerade deshalb sehr angetan, wenn ich den Profis von unserer Grafikabteilung über die Schulter schauen kann. Man erkennt den Unterschied zum "Matsch", wie Sie es treffend beschreiben und guter Arbeit sehr wohl.
Der Warnhinweis "Achtung, Fake-Foto" gehört in großen Buchstaben quer über jedes dieser "Kunstwerke" ;-)
Im Ernst, ich mag es einfach nicht! Damit meine ich diese Umgestaltung, egal ob auf Fotos oder real. Mit Botox aufgespritzte Lippen, mit SIlikon aufgepumpte Brüste, künstliche Sixpacks bei Männern, danke, aber nein danke! Ich fordere die Rückkehr zur Ehrlichkeit.
Der letzte Satz ist wirklich, wirklich schön.
Ich würde einfach mal ganz lapidar sagen, die Menschheit ist geistig nicht so weit von der Höhle entfernt, wie sie fälschlicherweise annimmt. Das trifft auch auf den Punkt Schönheit(sideale) zu. Ist offensichtlich schwer zu akzeptieren, dass nur sehr, sehr wenige Menschen von Natur aus wirklich schön sind. Wer sich selbst, und anderen, was vormachen will findet immer Mittel und Wege, digital noch schneller als traditionell. Frage ist, was sagt einem dann der allmorgendliche Blick in den Spiegel ?
Wenn Warnhinweise, dann vielleicht gleich auf die Geburtsurkunde: Vorsicht, Du wirst dein Leben lang verarscht, also verarsche dich nicht unnötig selbst ... :-)
Das klingt sogar richtig nach Weisheit. :)
Hallo,
kurz und knapp: ich fotografiere und retuschiere selbst - und glaube keinem Bild mehr! Retusche kommt bei mir nur dann minimalst zum Einsatz, wo wirklich die Persönlichkeit verletzende Merkmale oder Beeinträchtigungen zu sehen wären und letztlich mehr Schaden anrichten würden, was einer Verunglimpfung gleich käme. Das fängt schon bei reflektierenden Brillengläsern an.
Die Stimmung des Bildes muss unbedingt erhalten bleiben!
Von dem Schönheitswahn auf den Titelseiten halte ich rein gar nichts...
Danke für die Blog-Themen-Auswahl, ich lese die Beiträge sehr gern! Weiter so...! Ludwig, 75 Jahre
Ich denke das solche Warnhinweise schlichtweg nichts bringen, denn wenn das Bild als komplexe Information erst einmal aufgenommen wurde, bringt ein wenig Text dazu keine Änderung mehr in der Wahrnehmung.
Wünschenswert wäre mehr Realität, aber solange die Schönheitsindustrie riesige Gewinne feiert wird sich da kaum eine Änderung erreichen lassen.
Interessant finde ich da immer solche Vergleiche von früher und heute, wenn man bei manchen Stars die Veränderungen durch Botox und misslungene OPs sieht.
Für mich erscheint ein Mensch dann als schön, wenn er zu sich selbst steht, quasi aus einem Guss. Dann zeugen ein paar Fältchen und ein paar Gramm zusätzlich von einer Persönlichkeit, die in sich selbst ruht.
Fältchen und ein paar Gramm zuviel? Da bin ich genau der Richtige! :)
Unsere ganze Gesellschaft definiert sich doch heute mehr über Schein als über sein. Die Industrie gibt an, welche Trends derzeit aktuell sind .... wie man auszusehen hat, welche Klamotten man zu tragen hat und die Medien verbreiten das unter das gemeine Volk.
Ich bin jetzt fast 52 Jahre alt und habe schon lange aufgehört (bzw. noch nie richtig damit begonnen) so sein zu wollen, wie andere mich gern hätten. Und denkt man mal etwas genauer darüber nach, dreht sich am Ende alles nur um Geld, um Profit. Man schreibt den Leuten auf sämtlichen Ebenen vor wie sie zu sein oder aus zu sehen haben und bietet sofort die käuflich zu erwerbende Lösung dafür an.
Und "last but not least" muß ich einfach mal was loswerden. Dieser Blog ist einfach nur köstlich & unterhaltsam. Diese erfrischende, lockere Schreibweise kombiniert mit interessanten Themen lässt mich jedes Mal aufs Neue ungeduldig die nächste Ausgabe erwarten.
Lieben Dank! Ich hoffe, dass ich für nächste Woche wieder etwas Spannendes gefunden habe. Ich schreibe gerade daran :)
Im Prinzip befürworte ich "Warn"-Hinweise.
Mein Problem: wo fängt Manipulation an; auch die Kamera "manipuliert" schon. Zählt man Ausschnitt, Kontrast, Helligkeit, Schärfe usw schon zu Manipulation oder noch zu "Korrektur".
Die Abgrenzung fällt mir schwer.
Ich habe keine Lösung.
Ein guter Einwand! Ein guter Fotograf kann auch ohne weitere Manipulation eine Menge herausholen.
Ich würde die Idee mit dem Warnhinweis sogar noch deutlich weiter spinnen und auf das Fernsehen (und evtl. sogar den Film) übertragen!
Denn schon vor mehreren Jahren dachte ich mir bei Wissenschaftssendungen im TV, dass ich teils nicht mehr klar sagen konnte, ob das Gezeigte eine künstlerische Darstellung oder Animation, die Visualisierung einer Simulation/eines Modells, die Visualisierung von Messdaten (z.B. Infrarot-Aufnahmen) oder tatsächlich eine „normale“ Aufnahme ist, die ich mit eigenen Augen vor Ort ähnlich wahrnehmen würde.
Und dabei bin ich naturwissenschaflich orientiert und halbwegs gebildet – und dennoch weiß ich teils nicht mehr, was vom Gezeigten ist real und was nicht.
Wieviel schwerer müssen sich da Kinder tun, ein realistisches Bild und Gefühl für die Welt, wie sie tatsächlich ist zu bekommen?
Das von Ihnen geschilderte Problem mit retouschierten Bildern und einem verzerrten Normal-Körperbild ist da gewissermaßen nur ein Teil des größeren Problems.
Ich fände es absolut begrüßenswert, wenn z.B. in Nachrichten, Wissenschaftssendungen und allem, was nicht nur der Unterhaltung dient, immer eingeblendet werden müsste – per Gesetz(!) –, worum es sich handelt. Muss ja nicht groß und störend sein, aber halt so, dass Interessierte es lesen können.
Diese Forderung wäre, denke ich, praktisch durchaus umsetzbar, wenn denn nur ein gesellschaftlicher und politischer Wille da wäre, den Fakten und der Realität wieder mehr Raum zu geben (statt Fake-News und Traumwelten).
Darüber hinaus könnte ich mir für Spielfilme und anderen Unterhaltungsmedien auch vorstellen, dass so eine Informationspflicht zwar nicht störend mitten im Film, zumindest aber für den Abspann gelten könnte. So in der Art, dass alle real unmöglichen Szenen kurz aufgelistet werden. Der Abspann ist es meist schon halb so lang wieder der Film selbst (mal minimal übertrieben), da tun ein paar Seiten mehr Text auch nicht weh.
Oder es ist ein extra Untertitel-Kanal vorgeschrieben, der genau diese Info einblendet (Spiderman landet mit gefühlt 160 km/h auf dem Boden, Einblendung „Aufprall wäre real tödlich“ :-) )
Mein Punkt wäre im Kern, dass, wen es interessiert, diese Infos zum Realitätsgrad des Gesehenen auch einfach und direkt finden kann. Mir ist klar, dass dieser Wunsch im Filmbereich (noch viel weniger als bei Nachrichten&Co, nämlich) kaum Chance auf Realisierung hat. Aber wünschenswert fände ich es.
In diesem Sinne bin ich natürlich auch für Aufklärungstexte bei Fotos.
Je besser die Bild- und Videobearbeitungstechniken werden, je schwieriger es wird, selbst zu erkennen, was real und was manipuliert ist, desto wichtiger fände ich solche Echtheits-Informationen!
Das Thema ist extrem komplex. Geht man noch in Richtung Video-Bearbeitung, kommt man in Richtung Deep Fakes, also die unmerkliche, total realistische Manipulation von Filmen. Eigentlich auch ein nettes Blog-Thema, kommt auf Liste, Dankeschön! :)
Moin zusammen. Heute möchte ich mich auch mal räuspern. Ich lese den Blog schon seit geraumer Zeit (obwohl mich Blogs sonst nicht die Bohne interessieren), weil es immer spannende Themen gibt, in denen ich mich auch wiederfinde. Ich bin 61 Jahre und dieser schöne Schein trifft leider nicht nur die Jugend. Ich habe mich über Jahre in Partnerbörsen getummelt und auch da tolle Dinge erlebt. Da wurde beim Alter gelogen, Fotos veröffentlicht, die mindestens 10 Jahre alt waren und den Profilanforderungen der Damen entsprach vielleicht Superman mit Ach und Krach. Die Menschen, die mir auf der Strasse begegnen, sehen irgendwie anders aus. Bislang findet das Neu-Design wohl nur im Photoshop statt, aber was passiert, wenn die Gentechnik erstmal so weit ist?????
Danke fürs Räuspern! Es wäre natürlich möglich, dass Menschen auch per Gentechnik verschönert werden. Da hätten sie aber bei meinen Genomen ganz schön viel zu tun! :)
Bunte, Gala und Co haben die Bilder schon immer retouschiert. Früher gabs aber halt Fotoalben (analog, schwer) in überschaubaren Mengen mit "normalen" Menschen. Die Jugend heute wird aber mit tausenden Bildern im Monat zugeballert, wo "alle" super aussehen. Guckt man dann in den Spiegel sinkt die Laune. Dass aber die anderen auch erst das 21. Foto veröffentlichen und dann auch noch vorher massiv photoshoppen ist halt schwer zu begreifen.
Also solange nicht im Freundeskreis, dann auch "Warnhinweise auf Realitätsverlust" draufkommen, glaube ich nicht an eine große Veränderung
Wenn ich unsere altgedienten Grafiker richtig verstanden habe, hat sich die Retusche massiv geändert. Während früher vor allem Pickel und Rötungen verdeckt wurden, werden heute ganze Konturen (und eben auch die Gesichtsform, Halslänge, Beindicke, etc.) verändert. Es ist sozusagen keine Verschönerung des Menschen, sondern eher ein Neu-Design.