Kürzlich fand die Build 2017 statt, eine Entwicklerkonferenz, bei der Microsoft seine Schätze zeigte und (wie immer) große Pläne verkündete. Mit Zahnpasta-Lächeln schilderte man dort, was die schlauen Dienste so alles mit Cloud-Daten anfangen können. Das ist übrigens immer genau der Moment, wo die Datenschützer ihre Selbstmord-Kapseln herauskramen. Ein gutes Beispiel für die neuen Techniken ist der Video Indexer, den auch Sie ausprobieren können – wenn Sie sich trauen. Denn wenn Microsoft hier von „einer Demokratisierung der Überwachungswerkzeuge“ spricht, so ist das nicht gelogen.
So wunderbar sieht die Zukunft auf der Build 2017 aus
Künstliche Intelligenz kommt langsam, aber mächtig auch im Alltag an. Microsoft stellt mit dem Video Indexer der Allgemeinheit ein mächtiges Werkzeug vor, um Videos auf vielen Ebenen gleichzeitig analysieren zu lassen. Dort belässt man es nicht schnöde bei Filmlänge, Dateiformat oder Dateinamen, es werden Personen, Inhalte, Sprache und sogar Emotionen gesucht. Wird der Azure-Server bemerken, wenn ich fröhlich bin? Grund genug, für den Blog ein paar eigene Videos hochzuladen und den schlauen Indexer mal machen zu lassen.
Der Microsoft Video Indexer ist ein Online Dienst, also schaut man bei https://www.videoindexer.ai vorbei, meldet sich dort kostenlos an und schon kann man seine Filme hochladen. Ich nehme einen bunten Mix von Videos (auch aus dem Ashampoo-Umfeld) und jage alles in die Cloud. Schon ein paar Minuten später liegt die Auswertung vor und mir bleibt etwas die Spucke weg. Denn was beim Natur-Video leer bleibt (da fällt dem Indexer nichts ein, er kennt wohl keine Seekühe!), gewinnt z.B. bei einem Interview sehr schnell an Tiefe. Zentrale Inhalte werden erkannt und rechts vom Video aufgeführt als Keywords (Stichworte). Klickt man sie an, springt man sofort an die passende Stelle. Nach diesen Keywords kann man auch ganze Sammlungen durchsuchen und so aus diversen Videos genau jenes finden, wo der Begriff fällt. Das ist beeindruckend und, wie mir auffällt, der feuchte Traum eines jeden Geheimdienstes.
Kann alles, was es sollte - und wohl etwas mehr
Erwähnenswert sind auch die Transkripte. In diesem Fall heißt es, dass die Sprache automatisch ausgewertet und in Textform festgehalten wird. Natürlich multilingual, auf Wunsch wird sofort übersetzt. Hier ist die Tonqualität wichtig, Amateuraufnahmen werden bruchstückhaft erfasst, echte Interviews mit gutem Mikro fast vollständig. Ein paar lustige Fehler sind noch drin, mein Chef hat im Fernsehen garantiert nicht mit „Niere. Niemals Leben“, geantwortet, als er zur Datensicherheit befragt wurde. Es ist noch alles in der Entwicklung (man arbeitet z.B. gerade am Verständnis der Körpersprache), aber schon der heutige Stand lässt staunen. Kommen Zahlen oder Buchstaben ins Bild, werden auch diese erkannt. Wie manche Staaten z.B. Nummernschilder per Kamera erfassen und auswerten können – hier sieht man es am konkreten Beispiel.
Natürlich können auch Gesichter erkannt werden. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens findet der Video Indexer gleich über die Suchmaschine Bing, Privatpersonen kann man selbst identifizieren, sie werden danach automatisch wiedererkannt. Auch hier ist die Video-Qualität entscheidend, bei Unschärfe oder schlechten Lichtverhältnissen werden sonst Arbeitskollegen mitunter als Hollywood-Stars oder Politiker identifiziert. Zum Teil sehr schmeichelnd, aber halt fehlerhaft. Anhand der Gesichter wird auch analysiert, in welchen Momenten und in welcher Gewichtung ein Mensch im Video auftritt. Bei einer gefilmten Diskussionsrunde kam der lauteste Krakeeler auf glatte 40% der Kamerazeit und hängte alle anderen weit ab. So lernt man noch etwas fürs Leben!
Spannend wurde es beim Speech Sentiment (Sprachgefühl), hier analysiert der Indexer, wie der Sprecher zum Thema steht. Hier scheint es bislang nur auf Englisch zuverlässig zu funktionieren, sind Deutsche schwerer zu knacken? Es gibt die Zustände Neutral, Positiv und Negativ, alles wird nett über einen farbigen Zeitstrahl angezeigt und die Trefferquote ist hoch. Ein Video, in dem leicht beschwipste Freunde über ihre Urlaubsreise berichten, erstrahlt in sattem Grün, (positiv), eine wissenschaftliche Abhandlung bleibt zumeist in neutralem Grau. Als ein älterer Herr über die Regierung spricht, erlebe ich ein Fest in Rot, diese Wut bleibt selbst Microsoft nicht verborgen! Einzig bei lauten Freudenausbrüchen scheiterte der Indexer, hier wurde der lautstarker Jubel nach einem Tor als Aggression ausgelegt. Als weitere Funktion können auch Videos auf „explizite Inhalte“ durchsucht werden. Da ich aber kein unanständiges Video zur Hand hatte, wurde dies nicht getestet. Ehrlich.
Noch in Arbeit ist ein erweitertes Verständnis der gezeigten Inhalte. So sollen noch Gegenstände, Tätigkeiten, Körperhaltungen und vieles mehr von den Systemen erkannt werden. Auch wenn der aktuelle Stand noch als Preview (Vorschau) bezeichnet wird, lässt sich schon erahnen, welch leistungsstarkes Paket Microsoft hier am Start hat. Wer Tonnen an Videos (mit Menschen und Sprache) sein Eigen nennt und für eine Sichtung sonst Ewigkeiten brauchen würde, findet schnelle Hilfe. Wenn er sich denn mit dem Konzept der Cloud und den Nutzungsbedingungen anfreunden kann. Und genau daran scheiden sich die Geister, denn lokal (installiert auf dem eigenen Rechner) soll es den Video Indexer nicht geben.
Ein Fazit fällt schwer, denn neben der technischen Brillanz drängen sich immer neue Fragen bei der Nutzung auf. Wie werden Privatpersonen, aber auch Arbeitgeber oder Behörden solche Möglichkeiten verwenden? Microsoft spendiert seinen Diensten eine offene API (Programmierschnittstelle), andere Anbieter können die Technik also nutzen und für eigene Zwecke anpassen. Wo setzt Microsoft Grenzen bei der Nutzung, wie streng werden diese Regeln eingehalten und überprüft? Microsoft selbst sieht sich auf der sicheren Seite. Man spricht sich gegen „unmoralische Nutzung“ aus, doch wo sind die Grenzen davon? Wenn man technische Möglichkeiten bietet, die eine Überwachung, Zensur und Erfassung von Inhalten möglich machen, so ist dies nie ohne Risiko. Und man fragt sich insgeheim, ob alles getan werden muss, nur, weil es technisch möglich ist.
Alle Bilder: Microsoft (Azure)
Alexa, Siri usw, ist ne super Sache.
Jetzt haben alle die, die eh schon keine Freunde mehr haben,
mit denen niemand mehr etwas zu tun haben will,
doch noch jemanden, der ihnen zuhört.
Und vor allem nicht widerspricht.
Und man kann sie sogar miteinander sprechen lassen. :)
Wenn ich den Bericht so studiere, wundere ich mich nicht über das was geht, sondern wie schnell es geht. Eine Frage allerdings bewegt mich nach wie vor: Warum meinen Hinz und Kunz allen (mit Verlaub gesagt) Mist auf irgendeine Cloud hochladen zu müssen ? Warum nicht seinen eigenen Homeserver erstellen und entsprechend nutzen ? Zumindest entschärft das die Gesamtheit der Datenverwendung durch Dritte. Ich bin ein glühender Fan von Datensparsamkeit im öffentlichen Raum und das aus guten Gründen. Bei der Vermischung privater Inhalte mit kommerziellen Interessen muss man auch mal konsequent an den Stellen nein sagen wo man kann und das bedeutet nicht alles mitzumachen. Aber gerade hier hapert es bei den Meisten gewaltig. Gerade diese - zeigefreudigen Datenexibitionisten - die ohne Sinn und Verstand von solchen Angeboten gebrauch machen, erweisen sich im kritischen Gespräch über den Umgang mit ihren Daten als ausgesprochen naiv bis altklug, obwohl sie nichts begriffen haben. Das Überrascht mich immer wieder, da wir doch schon in der Schule mit dem Satz konfrontiert wurden, welcher da übersetzt heißt : Ein klugen Mann bedenke die Folgen seines Handelns. So präsentierte mir ein Freund unlängst seine totale Raumüberwachung namens Alexa. Und das kombinieren wir nun mal mit dem Zentralthema deines heutigen Blogbeitrags. Da kann einem schon übel werden, wenn man über die reinen Möglichkeiten nur nachdenkt. Wer Orwells 1984 für Fiktion hält, hat schon verloren. Wer muss noch spionieren, wenn ihm nahezu jeder Inhalt aus irgendeiner Cloud auf einem Silbertablett geliefert wird. Und über Verschlüsselungen von Clouds lachen sich doch die Geheimdienste (und nicht nur die) tod.
Das Verhalten der Menschen ist zuweilen ganz schön verdreht.
Es ist schon erstaunlich.
Ich dachte viele Jahre ich lebe in einer Gesellschaft sich sich langsam wieder auf dem Rückweg in die Zeit der handlungsunfähigen Dummsklaven befindet. Aber ich lese viel,
gerade was IT, Internet, neue Medien und vor allen Dingen die Entwicklung der Technik und Software betrifft. Und da stelle ich fest, so dumm ist die Menschheit doch nicht. Es gibt unter uns doch noch einige, die die negativen Aspekte der ganzen Erneuerungen bemerken und sogar vor einigen warnen.
Es wird an vielen Stellen vieles aufgedeckt, und vor möglichen bösen Folgen gewarnt. Man muss nicht auf mögliche negative Entwicklungen hinweisen, die kommen sowieso, weil der Mensch einfach so ist. Sobald es irgend eine Möglichkeit gibt Macht über andere zu erlangen, oder vorhandene zu vergrößern, nutzt er diese Möglichkeit.
Aber mal ganz ehrlich, hat irgend jemand schon einmal nur durch schreiben, darüber berichten, etwas verändert oder verhindert?
Und wenn wir die "wachsamen" nichts ändern, wer dann?
Hatte doch glatt vergssen den Satz zu beenden, schade das es keine edith Fuktion gibt. Sollte heissen, "das man einem Konzern vertraut, der städnig....."
Schon irgendwie Lustig, oder auch nicht, das man einem Konzern der ständig unsichere Betriebsysteme ausgibt, das Millionen Menschen zu ständigen Nachbesserungen zwingt, der sogar im neuesten "Betriebssystem" Win10 alle Türen für jeden offen läasst! Wenn die AFD irgendwo eine Veranstaltung hat, sind gleich x-Leute für eine Demo bereit, obwohl die Früchte der letzten sogenanten Regierungen keinen zum lachen bringen! !!
Aber so ein Datenspion und massenverbreiter unsicherer Software wird Vetrauen entgegengebracht!?
Was stimmt da nicht? Ich habe über 50 Dienste abgeschaltet und Windows läft immer noch!
Wenn ich mal da bin, meist surfe ich mit Linux.
Übrigens laufen nur 2 Rechner der 500 Supercomputer,
nicht Linux Rechner :-)
Ich beobachte Politiker, wie auch Betriebssysteme mit gesunder Skepsis. :)
Big Brother is watching you (Zitat aus "1984" von
George Orwell) leider aktueller, denn je !
toller blog. meine "leseweise" ist folgende: wie ich an anderen stellen im netz lesen konnte (musste), ist diese (neue) funktionalität in der hauptsache dem umstand geschuldet, das die (US) filmindustrie massiv gegen nicht genehmigte verbreitung "ihrer" filmwerke vorgehen will.
da diese oft aus der cloud verteilt werden, soll ein analyseverfahren ein auffinden/löschen ermöglichen und eine bestrafung der "übeltäter" möglich machen. die dateien werden "gemarkert" zb mit hashtags oder wie auch immer um deren download, also eventuelle weitergabe "lizenzgeschützter produkte" verfolgen zu können...und auf diese weise zu verhindern das einnahmen wegfallen...
das ist ein riesenthema. so wurde die tage walt disney erpresst .wenn sie nicht (eine grosse summe ) zahlen, wird ihr neuestes filmwerk vorab im netz von hackern (TheDarkOverlord) veröffentlicht. auch netflix wurde bereits erpresst...
also auf keinen fall eine "sicherheitskopie" der lieblings DVD /Blueray erstellen und in die cloud laden...das kann "in's auge" gehen...denn wenn man sich auf einem anderen rechner /smartphone diesen film ansieht, ist das ein illegaler download kopiergeschützter werke und kann sehr, sehr teuer werden. in einigen ländern wird einem dann der internetzugang für eine längere zeit unmöglich gemacht.
generell gilt: keinen cloudserver nutzen, der dem US amerikanischen recht unterliegt...man weiss ja nie...und auch nicht kokettieren mit: "ich probiere da mal was,um zu sehen ob..." es kann den job kosten...
es wird kommen wie bei den handys: bald gibt es keine simkarten(slots) mehr..alles liegt dann in der hand (der kontrolle) der netzanbieter die verpfilchtet werden........alle daten an die behörden....weiterzugeben..zum wohle der ???
Oh, diese Betrachtungsweise ist auch interessant. Wobei diese Technik schon seit Jahren am Start ist, wie wir selbst feststellen mussten. :) Wir hatten einen Schnipsel der "Gummibären-Bande" (wer kleine Kinder hat, kennt die) für Tests genommen, wild mit Effekten und Schnitten versehen und testweise auf Youtube hochgeladen. Selbst das wurde aber schnell erkannt und dann umgehend gesperrt, obwohl es kaum noch etwas mit dem Original zu tun hatte.
Danke für diese deutliche Darstellung. Ich habe mir das noch nicht so klar gemacht, weil ich - generationsbedingt ? - sehr skeptisch gegenüber FB etc bin. Da ich auch versuche, den Erwerb eines SmartPhones so lange wie möglich aufzuschieben, wüsste ich auch gar nicht woher die vielen Videos kommen sollten ;-) Aber: die meisten sammeln irrsinnig große Mengen an Filmen und Photos und dann muss natürlich sortiert werden :-(=)
Ganz ehrlich, ich war ebenfalls überrascht, welche Möglichkeiten das Programm hat. Ich bin berufsbedingt ja immer am Puls der Zeit, höre hier was oder da was - aber es selbst zu probieren und dann die Ergebnisse zu sehen, ist eine ganz andere Erfahrung. Und was Videos angeht: Jede Minute werden z.B. auf YouTube 300 Stunden Videomaterial hochgeladen, so schätzt man. Was dann noch über Instagram, Facebook, Whatsapp und Co läuft - da kommt etwas zusammen.
Uff. Doch erst einmal vielen Dank für diesen, sowie all Ihre anderen Artikel. Es macht mir viel Freude diese zu lesen. ( Hach, ist das schön altmodisch ausgedrückt) Wie sie schreiben; die technische Möglichkeit, und, das es funktioniert haut einen um. Unglaublich. Was mich jedoch auch etwas wanken lässt, - ich als naives Niederrheinisches Landei muss mir durch Nachfragen erst einmal die Gründe für ein solches Analyseprogramm klar werden lassen. Und ja, das geht nun wirklich Richtung "Big Brother". Trotzdem spannend.
Ach, da muss man wirklich kein naives Landei sein (die lesen eh nicht meinen Blog :D ), um da ins Nachdenken zu kommen. Es soll lt. Microsoft darum gehen, auch große Datenmengen zu ordnen und auszuwerten. Das klingt ja alles erst mal harmlos und hat für Privatpersonen, Web-Portale oder Firmen mit zahllosen Video-Dateien durchaus Sinn. Welchen Schindluder man damit aber noch treiben kann, klammert man dabei aber gerne aus. Und obwohl ich Technik-Fan bin, sehe ich diese Möglichkeiten kritisch.
Und ich mag altmodische Ausdrucksweisen, Danke. :)
Was für ein Horror. Aber letztlich nix anderes, als das, was facebook und WhatsApp schon seit Jahren anwendet. Nur nicht so "offiziell", wie es Microsoft tut. Vielleicht leuchtet jetzt so langsam auch den eingefleischtesten facebook- und WhatsApp-Jüngern ein, was mit ihren Daten möglich ist. Und ganz sicher auch jetzt schon passiert.
eine Horrorvision. Bald leben wir dann in der Zeit des " großen Bruders" ( 1984 - George Owell ), verkörpert von Microsoft