LIFE

Die große Liebe – garantiert?

Sven Krumrey

Viele Menschen suchen im Internet die große Liebe. Mein Freund Ulrich* (Name geändert, weil er das möchte) ist einer davon und hat sich als gründlicher Mensch bei gleich vier Dating-Seiten angemeldet. Was er dort erlebt, erfahre ich meistens sofort und lässt mich zunehmend an diesem Mittel der Kontaktaufnahme zweifeln. Denn wo „Kontakte garantiert“ werden und sich Mitglieder im Sekundentakt verlieben sollen, scheint mir nur eines sicher – schmerzhafte Abbuchungen.

So stellt man sich Online-Dating gerne vor

Dabei geht es meistens verheißungsvoll los – das Profil kann kostenlos erstellt werden, laut Werbung warten schon unzählige Damen von nah und fern auf ihn. Und siehe da, innerhalb von Stunden schauen wirklich diverse Damen auf seinem Konto vorbei und lassen, je nach Portal, Smileys, kurze Nachrichten oder gar virtuelle Küsschen da. Das Problem ist oftmals – reagieren, selbst anschreiben und wirklichen Kontakt suchen kann man oftmals nur als zahlendes Mitglied. Aber da man anscheinend ja echte Chancen hat und das Leben allein hart sein kann – zahlt man dann doch.

Und das kann eine Menge sein, zwischen 120 € und 450 € gingen bei den drei kostenpflichtigen Dating-Seiten vom Konto ab. Dafür sollte es natürlich „garantierte Kontakte“ geben, die große Liebe und Millionen Mitglieder. Zuerst sah alles gut aus, er zeigte sich zuversichtlich und ehrlich erstaunt, was für tolle Frauen an ihm als „Durchschnittstypen“ interessiert seien. Doch nach ein paar Tagen trat ungewollte Ruhe ein. Entweder schrieben die Damen nicht zurück, die Profile verschwanden spurlos oder es ging in die Richtung „Ich habe meine Liebe gefunden, viel Glück noch“.

Da Ulrich zwar solo, aber nicht dumm ist, recherchierte er gezielt. Es gab unzählige Fälle, die exakt so abgelaufen waren. Und was er schon vermutete, wurde Tage später durch den Fall Lovoo publik: Fake-Profile (auch gerne Animateure genannt) sollen gezielt eingesetzt worden sein, um aus Interessenten zahlende Kunden zu machen. Mittels geklauter Bilder, fiktiven Angaben und fleißiger Schreiberinnen (wenn es überhaupt Frauen waren) wurde Interesse vorgegaukelt, um Kunden zu locken. Das alles wäre aber nicht ohne einen Tippgeber rausgekommen, der aussagekräftige Dokumente an die Medien schickte. Und so haben wir einen dringend Verdächtigen – und bei vielen anderen Anbietern kann man es nur vermuten.

Eine glückliche Partnerschaft ist nicht online zu bestellen

Sucht man mit entsprechenden Begriffen (z.B. dem Anbieter und „Abzocke“ oder Ähnlichem) bei Google, fällt eines auf – man hat hier vorgesorgt! Denn unzählige, offenbar vom Betreiber selbst erstellte Seiten klären auf, dass alles mit rechten Dingen vorgehe, fair sei und so weiter. Leider ist man hier etwas zu professionell vorgegangen, den welcher Unbeteiligte würde einfach so über Seiten glühende Rechtfertigungen für eine Dating-Seite schreiben und das Ganze noch grafisch ansprechend gestalten? Hier soll wohl eine genauere Nachforschung über die Schattenseiten dieses milliardenschweren Geschäfts erschwert werden. Bei all meinen Recherchen habe ich ein solches Vorgehen noch nicht erlebt!

Sie würden nun kündigen? Das wollte Ulrich auch und zwar fristgerecht innerhalb von 14 Tagen. Hier wurden die Hürden aber bewusst hoch angelegt, denn ohne den Postweg (in einem Fall) und z.T. zermürbende Kündigungs-Prozeduren (so mussten Daten eingegeben werden, die selbst mein IT-erfahrener Freund nur schwer in seinem Profil finden konnte) ging nichts. Und selbst, als er alles hinter sich gebracht hatte, gab es weiteren Ärger – mit dem sog. Wertersatz.

Er erwartete, nach nur ein paar Tagen Nutzung einen Großteil seines Geldes zurück zu bekommen, doch ein Anbieter sah es anders: Ihm wurde erklärt, man habe ja seinen Teil der Abmachung erledigt (Kontakte waren zustande gekommen) und man würde so grob 75 % der Summe einbehalten. Pro Klick, pro Kontakt (selbstverständlich zählen auch die verdächtig schnell verschwundenen Damen) wird eine stolze Summe berechnet. Und so geht wohl der Vorgang bald zum Rechtsanwalt – und Ulrich ist immer noch solo.

Statt großer Liebe ein Fall für die Gerichte Statt der großen Liebe ein Fall für die Gerichte

Soweit, so ärgerlich. Um es klar zu sagen, mir geht es nicht darum, eine ganze Branche zu verteufeln. Nur sollte man bei allzu großen Versprechen und hohen Summen Vorsicht walten lassen. Erfahrungsberichte sind anzuzweifeln, wenn sie komplett euphorisch oder professionell gehalten sind. Und vielleicht lohnt auch mal ein Blick auf die Seiten 2 und 3 der Google-Suchergebnisse, dort werden viele Dinge anders dargestellt. Und falls Sie sich fragen, ob ich der besagte Ulrich bin – ich habe meine Herzdame nicht über ein Dating-Portal kennengelernt – es war Facebook. :)

Was mich interessieren würde: Haben Sie schon Erfahrungen mit Dating-Portalen gemacht? Hatte Ulrich nur Pech? Sie könnten natürlich auch gerne anonym kommentieren.

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