TECH

Die Rückkehr des bangen Bootens

Sven Krumrey

Wer schon lange Windows nutzt, kennt noch den Nervenkitzel des Systemstarts – wird der Rechner heute sauber hochfahren? Selbst wenn man überzeugt war, schlicht nichts geändert zu haben, konnte der Bildschirm schwarz bleiben oder mit Fehlermeldungen garniert sein. Es folgten dann Verzweiflung, Frust, zeitintensive Reparaturversuche oder gar die Neuinstallation. Über die Jahre hatte ich all das fast vergessen, doch nun gibt es wieder Spannung bis zur Gänsehaut, und der Grund dafür trägt Namen wie KB5035853 oder KB5035849!

Es wird wieder spannend, wenn Updates anstehen

Die IT-Presse hat in letzter Zeit regelmäßigt Stoff für tagesaktuelle Nachrichten. „KB5034441 wird zum Desaster“ oder „KB5032190 mit fehlerhafter Taskleiste“ klingen etwas kryptisch, beschreiben aber nur misslungene Windows-Updates und deren Auswirkungen. Mal lassen sie sich nicht installieren, dann funktioniert Hardware nicht wie gewohnt oder Bluescreens rauben Nutzern den letzten Nerv. Das gab es schon früher, die Häufigkeit (besonders bei Windows 11) ist aber verblüffend. Seit einiger Zeit schaue ich sehr genau, ob mein Backup wirklich aktuell ist, bevor ich ein Update starte. Und während ich lange Jahre entspannt auf den Neustart gewartet habe, schlich sich zuletzt leichtes Unbehagen ein.

Und das hat Folgen: Zusammen mit der zunehmenden Werbung im Startmenü oder Accountzwang fühlt sich Windows zunehmend entwertet an. An schlechten Tagen erscheint dieses altehrwürdige Betriebssystem wie ein günstiges China-Handy, das mit Bloatware und Werbung für andere Services überladen ist, nur noch begrenzt verlässlich wirkt und keinen wirklichen Spaß mehr macht. Es ist bekannt, dass Microsoft mit seiner Azure-Cloud und Office 365 weitaus mehr Geld als mit Windows selbst erwirtschaftet, dennoch sollte man die Wurzeln des Erfolgs nicht vergessen. Wenn mir ein pures Android 14 auf dem Tablet seriöser als mein seit 37 Jahren primär genutztes Betriebssystem vorkommt, hat sich etwas geändert. Doch woher kommen die Qualitätsprobleme?

Auf dem Papier sieht alles gut aus. Microsoft hat neben den eigenen Testlaboren ein weit verbreitetes Insider-Programm. Dort testen Freiwillige Updates, die drei sog. Ringe durchlaufen. Der „Dev Channel“ ist der erste Ring und erhält die frühen Versionen mit der ausdrücklichen Warnung, dass alles noch weniger stabil sein kann, Bugs sind hier zu erwarten. Treten Fehler auf, melden die Tester dies und Microsoft erhält wichtige Fehlerprotokolle. Mit diesen Erkenntnissen und neuen Fehlerkorrekturen geht es in den „Beta Channel“, der den zweiten Ring darstellt. Hier ist noch nicht alles Gold, was glänzt, doch ist Microsoft schon ein Stück weiter und sammelt fleißig weiter Informationen zur Qualitätsverbesserung. Den dritten Ring bildet der „Release Preview Channel“, wo Versionen zu finden sind, die für eine Veröffentlichung gedacht sind. Hier sollte alles Wichtige stimmen und nur noch Details zu ändern sein, erst dann kommt das öffentliche Update für alle PCs. Das klingt doch solide!

Erhöhter Puls beim Updatevorgang Erhöhter Puls beim Updatevorgang

Weshalb es dennoch so gehäuft (und folgenschwer) zu Problemen kommt, bietet Raum für Spekulationen. Immer wieder wird vermutet, dass Microsoft sich zu sehr auf sein Insider-Programm verlässt und so auch Kosten für aufwändige interne Tests einsparen möchte. Auf der anderen Seite wird Windows immer vielfältiger und komplexer, spricht immer neue Schnittstellen und Techniken an, die unterstützte Hardware wächst von Version zu Version - und damit auch potentielle Fehlerquellen. Microsoft fährt aber auch eine aggressive Update-Strategie, die neue Funktionen und Sicherheitsverbesserungen in schnellen Veröffentlichungszyklen bereitstellt. Das ist durchaus Service am Kunden, doch birgt das Vorgehen auch massive Gefahren. Der Faktor des menschlichen Versagens kommt immer hinzu, selbst Patches, die eigentlich Fehler beseitigen sollten, führen manchmal zu weiteren Problemen.

Wenn in drei Monaten gleich sieben Updates nachrichtenreife Probleme aufweisen, hat man ein großes Problem. Bedenkt man, dass Microsoft zeitgleich Millionen Nutzer vom (etwas konstanteren) alten Windows 10 zum Wechsel auf Windows 11 bewegen möchte, verwundert es doppelt. Auch wenn die Zeiten vorbei sind, in denen Windows selbst die Massen faszinierte (ich habe mich früher Stunden durchs System geklickt), seine Verlässlichkeit und Seriosität müssen gewahrt bleiben. Microsoft wird den offiziellen Support für Windows 10 am 14. Oktober 2025 beenden, das noch 67% aller Windows-Installationen stellt, will man diese Umsteiger mit einem monatlichen Update-Drama willkommen heißen? Auch wenn Windows heute eher Mittel zum Zweck ist, es hat Liebe und Sorgfalt verdient. Hoffen wir, dass Microsoft diese Tugenden für sein Betriebssystem neu entdeckt!

Was mich interessieren würde: Hatten Sie in letzter Zeit selbst Probleme mit Windows Updates? Wie sehen sie die Entwicklung von Windows?

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