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Reicht es uns langsam mit dem Fortschritt?

Als ich noch klein war, konnten wir ganze drei Programme empfangen und die hatten sogar Sendeschluss nach Mitternacht. Der Fernseher meiner Großmutter war schwarz-weiß und wenn das Wetter schlecht war, konnte man beim Fußballgucken kaum den Ball sehen. Kam doch mal ein echter Hollywood-Kracher, saß die Familie vereint und atemlos vor der Flimmerkiste. Was klingt, als käme es aus grauer Vorzeit, ist gerade 40 Jahre her. Und es mag erklären, weshalb die Unterhaltungs-Technik zuerst so große Sprünge machte und heute nicht mehr beim Kunden ankommt.

Es ist lange her

In den Achtzigern gab es den Quantensprung: Die Anzahl der Fernsehprogramme schoss in die Höhe und Videorekorder wurden zum Sehnsuchtsobjekt all jener, die nach Unterhaltung gierten. Selbst unbeliebte Kinder konnten Ihren Freundeskreis beträchtlich vergrößern, wenn sie einen Videorekorder nebst kleiner Filmsammlung besaßen. 3D-Brillen lockten Millionen vor die Fernseher, die Röhrengeräte wurden groß wie Kühlschränke, es herrschte ein regelrechter Hunger nach Unterhaltungs-Technik. Die CD im Audio-Bereich und die DVD für Filme waren ebenfalls atemberaubende Erfolgsstorys und sorgten für Milliardenumsätze.

Und es schien alles so logisch weiter zu laufen: High Definition brachte einen weiteren, großen Schritt: Wunderbares Bild, auf Computern wie Fernsehern ein feiner Standard, die Blu-ray als Medium für das Heimkino. Man saß wie berauscht vor dem Fernseher, sah plötzlich die Mimik der Schauspieler und die schlechten Masken der Zombies – ein Fest! Der Plan, die DVD damit ins Archiv zu stellen und alle zum erneuten Kauf ihrer Lieblingsfilme zu motivieren, klappte dennoch nicht. Noch immer greifen Kunden massenweise zum schlechteren, aber günstigeren Standard und nutzen Ihre DVD-Player einfach munter weiter. Ein Blick durch die Fachmärkte zeigte mir grob eine 50:50-Verteilung bei den Verkaufsflächen. Eine Verdrängung der alten Technik (wie beim Video-Rekorder geschehen) ist auch zehn Jahre nach dem Erscheinen der neuen Technik nicht zu sehen.

Modern, hohe Auflösung, aber noch kein Verkaufsschlager

4K bzw. Ultra-HD, der neue Standard, ist wirklich staunenswert, kommt jedoch schwer in Gang. Die Hersteller verkünden zwar im Brustton der Überzeugung, wie sehr die Absätze steigen, ein flächendeckender Hype(und das braucht eine neue Technik zur raschen Verbreitung) ist nicht zu erkennen. Fernsehsender und Streaming-Portale bringen eher zögerlich Inhalte an den Start, der vielleicht noch recht neue Blu-ray-Player daheim könnte eh nicht genutzt werden. Man müsste wieder komplett neue Geräte kaufen- ärgerlich! Es gibt Enthusiasten, die sich an der neuen Bildpracht berauschen oder ihren selbstgedrehten Film in voller Auflösung ansehen wollen (bei Handys und Cams ist 4K schon recht verbreitet), eine Massenbewegung ist es nicht.

Erst kürzlich wurde ein Projekt, das mit großem Hurra und Vorschusslorbeeren gestartet ist, wieder klammheimlich gestoppt: Curved-TV, also Fernseher mit gebogenem Bildschirm, sind schon wieder auf dem Rückzug. Noch vor einem Jahr hatte man sich überschlagen: Der Bildschirm würde „den Zuschauer förmlich in das Bild hineinsaugen“ – nicht unbedingt eine schöne Vorstellung, z.B. bei Bundestags-Sitzungen. In der Praxis merkten größere Gruppen schnell, dass nur 2 bis 3 Zuschauer wirklich gut sehen konnten. Der Rest schaute (wortwörtlich) eher in die Röhre. Und so zieht Branchen-Primus Samsung seine kurvigen Geräte bei den Neuerscheinungen langsam wieder zurück. Als Nischenprodukt für beinharte Spieler lebt die Technik wohl weiter, die spielen eh alleine.

Noch vor einem Jahr der letzte Schrei: Ein gebogener 3D-Fernseher

Auch 3D (das ich privat sehr schätze) hat nicht die Begeisterung geweckt, wie es sich die Hersteller erträumten. Im Kino durchaus präsent, doch keine Ablösung der herkömmlichen Darstellung, werden gerade die als 3D-Version veröffentlichten Blu-rays seltener. Das mag auch daran liegen, dass sich Zuschauer oftmals verschaukelt fühlten. Einfach einen normalen 2D-Film zu nehmen und dann für schlecht hinein montierte Effekte einen saftigen Aufpreis zu nehmen, verdirbt das Image. Unterschiedliche Standards der Hersteller brachten zusätzliche Verwirrung. Manche Zuschauer verabscheuen auch die Brillen oder empfinden das längere Sehen der Inhalte als anstrengend – also kein dauerhafter Kassenschlager.

In den Kreisen der Produzenten erkennt man zwischen den Zeilen leichte Verzweiflung. Wieso springen die Kunden nicht wie gewünscht auf die Innovationen an? Wo bleibt die Begeisterung? Ich glaube, hier verkennt man etwas die Realität. Denn der Leidensdruck ist nicht so groß wie früher- und da komme ich zum Fernseher meiner Oma zurück, der war wirklich schlecht. Die meisten Haushalte haben aber schon Geräte mit gutem Standard. Und wer sie nicht hat – kann sich diese Geräte nicht leisten oder legt keinen Wert darauf. HD sieht fein aus, es gibt viele Inhalte und auch das Streaming, das einen immer höheren Stellenwert bekommt, nutzt diesen Standard vorwiegend. Selbst eine normale DVD kann man sich anschauen, ohne sich in dunkle Zeiten versetzt zu fühlen. Es scheint so, als seien die breiten Massen schlicht zufrieden. Gut für sie, schlecht für die Hersteller.

Was mich interessieren würde: Wie sehen Sie es? Schauen Sie auf die Trends und kaufen die neusten Geräte? Verfolgen Sie überhaupt, was es Neues auf dem Markt gibt oder reicht Ihnen einfach, was Sie haben?

61 Kommentare
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  • r

    Signore... isch abe gar keine Fernseher..... ;-)

    Ich nehme online Videos auf (ja, das ist legal wenn man selbst programmiert), lade dann runter oder gucke live TV auf den Seiten der Sender oder in der jeweilige Mediathek.

    Mein Monitor ist groß, ich kann Videos parallel laufen lassen zu dem was ich sonst mache. Warum soll ich Kabelgebühren bezahlen, mir eine häßliche Antenne irgendwo hin stellen oder gar eine Schüssel auf den Balkon montieren?

    Zu HD, HQ und was es sonst so gibt sei gesagt daß es mich wundert daß dies wohl selbst dann heute nötig ist wenn Filme auf dem Smartphone oder Tablet geguckt werden.

    Als Videos online anfingen gab es mp3, Briefmarkenformat. Daß man damit heute nicht mehr zufrieden ist, ok. War wirklich nicht gut. Aber Smartphone und Tablets sind doch lediglich etwas größere Briefmarken.... heute wird doch freiwillig auf kleinen Screens geguckt. Also wozu braucht man da HQ & Co?

    Es gibt sicher mehr als genug Technik Freaks die alles haben müssen was neu ist. Wobei neu ja nicht immer besser ist.

    Zurück zu "erst neu kaufen wenn das alte nicht mehr repariert werden kann" schont nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel.

    Auch eine Möglichkeit, ganz sicher. Es gibt auch viele Kollegen, die gar keinen Fernseher besitzen, sondern einen größer dimensionierten Monitor und alles über das Internet sehen. Ich trenne hier ganz gerne, da beruflich schon die ganze Zeit am Rechner hänge, Fernseher fühlt sich dann schlicht anders an.

  • I

    Also ich hab die Schnauze voll, von all dem neuen technischen Kram.

    Ich gebs zu, ich bin ein bekennender Technik Depp - aber so bin ich halt und wenn jemand auf die Idee käme die Gegenstände zu versimpeln, zu vereinfachen, diese tausend Möglichkeiten aus allem und jedem rauszunehme - der würde den Umsatz seines Lebens machen.....

    Weil wir schon grad dabei sind - wo sind eigentlich unsere unkomplizierten und schlichten Discounter?

    Die mit den aufgestapelten und nur aufgeschlitzten Kartons?

    Mit dem überschaubaren Sortiment,O ohne Luxuswein und Push BH?

    Einfach Dosen und Spaghetti zum Billigpreis?

    So ein Laden würde Aldi & Co glatt in die Ecke stellen.

    Der überlastete Mensch braucht Schlichtheit.

    Spaghetti mit Tomatensosse statt Zuchtlachs an Spinat....wenn Ihr versteht.....

    Genau von diesem Konzept gehen die Discounter gerade weg, weil die Kunden weglaufen. Man versucht, weniger Paletten und mehr Lebensart zu realisieren. Eine Art Wellness-ALDI, den würde ich mir sogar anschauen. :)

  • P

    Die Überschrift sollte präziser gefasst sein: "Reicht es uns langsam mit dem technischen Fortschritt?" Ich sage Ja, weil der Inhalt der Filme und sonstigen Beiträge nicht besser wird und weil die Welt im ganzen alleine vom technischen Fortschritt überhaupt nicht besser wird. Ich muss mir das Versagen der herrschenden Schichten, das Blut, die soziale Differenzierung usw. nicht in 3D oder 4k ansehen. Ich kann nur abwinken und hoffen, dass ich den Dritten WK nicht erlebe. Was aber wird aus meinen Kindern und Enkeln? Kapitalismus: Außen hui und innen pfui. Mehr und mehr Menschen von "da unten" spüren die Schieflage und verweigern sich (falls ihnen überhaupt das Geld gelassen wird für den Erwerb des sog. technischen Fortschritts).

  • J

    Zum einen geht der Trend einfach zu schnell für den Geldbeutel und zum anderen fehlen die Inhalte. Was nutzt es wenn man in hunderten von Sendern einen interessanten Film sucht und nur Dokus findet das man überhaupt was sieht? Man ertappt sich immer wieder das man lieber mal einen alten Film aus den Sechzigern schaut weil da noch alles abgerundet war. Was nutzt Aktion mit Zeitlupe und Brillanz wenn es nur Berieselung ist und kein Erlebnis wie früher? Warum dann neue Geräte? Die alten tun es auch und der Umwelt tut es auch gut !

    Ebenso ein guter Aspekt: Müllvermeidung, Ressourcen-Schonung.

  • W

    Ich denke mal, UHD und 4K ist deshalb für die Verbraucher noch nicht so interessant, weil es, soweit ich weiß, noch fast keine TV-Sendungen gibt, die in dieser Technik ausgestrahlt werden. Bei den großen Elektronikmärkten wird zwar stolz UHD und 4K präsentiert, die Bilder und Videos dazu kommen aber wohl von Blue-Ray-Medien, Festplatten etc. Daher wird abgewartet, zumal man ja auch vor nicht allzu langer Zeit einiges an Geld ausgegeben hat, um HD-Fernsehen zu genießen, und die Geräte nicht schon wieder zur Müllkippe bringen will, nur weil es was Neues gibt.

    Für Fans der alten Serien aus den 60-er und 70-er Jahren (Ich gehöre auch dazu) wird sich auch mit der allerneuesten Technik keine bessere Bildqualität ergeben. Das sind eben alte Fernsehschätze, die es so heute nicht mehr gibt.

  • W

    Wie schon von Herrn von Obert angemerkt, sind mittlerweile die Innovationszyklen viel zu schnell. Wer, außer absoluten Technik-Freaks, hat schon ein Interesse daran ständig auf dem neuesten Stand zu sein. Schließlich wächst Geld immer noch nicht auf Bäumen ;-) , und gerade die Geräte einer neu auf den Markt gebrachten Technologie sind ja nicht gerade billig.

    Wir haben uns trotzdem vor etwa einem Jahr einen 4K-Fernseher gekauft; aber gar nicht so sehr wegen des Fernsehens (das TV-Programm wird ja nur in 720p ausgestrahlt), oder wegen der Filme auf Bluray (1080p), sondern weil ich fotografiere und 18 MPix-Bilder auf einem 4K-Fernseher sehr viel besser ausssehen als auf unserem vorherigen 10 Jahre alten "HD-ready" Plasma-Fernseher.

    Bei Kameras kann ich das sehr gut verstehen. Hier ist ja selbst ein Full HD-Fernseher mit der Auflösung einer herkömmlichen Handy-Knipse überfordert.

  • H

    Durch Ihre Beschreibung der Fernsehwelt der Vergangenheit wurde ich doch sehr stark an die alten Zeiten erinnert. Lief die Sendung mit dem Seventy Seven Sunsetstrip waren die Straßen meiner Heimatstadt leergefegt.

    Die starke Veränderung kam durch die Zulassung des Privat-Fernsehens, das diese Serien nun massenhaft brachte, um sich dadurch höhere Zuschauerzahlen für seine Finanzierung durch Werbung zu verschaffen.

    Ihr Mitleid mit den Protagonisten immer neuer technischen Raffinessen ist sicherlich berechtigt. Diese dürfen jedoch auf einen stärkeren Kauf Geräte rechnen, wenn die Umstellung auf DBT II viele zum Kauf neuere Geräteund damit neuere Technik motiviert.

    Es ist nicht so, dass ich nachts wachliege, weil ich mich um das Schicksal von Samsung und Co sorge. :) Ich habe nur an mir selbst und vielen Freunden gesehen, dass hier eine Entwicklung ruht und war mal wieder neugierig, ob das allgemein so ist. Und jetzt habe ich die Titelmusik von "77 Sunset Strip" für den Rest des Tages im Ohr....

  • R

    ich bin zwar fast eine Generation älter als Sie, habe aber gerade darum die Anfänge des (verbreiteten) Fernsehens wohl noch bewusster mit erlebt. Daher kann ich kann ich Ihren Ausführungen nur voll zustimmen. Glücklicherweise konnte ich mir nicht leisten, auf jeden Zug gleich auf zu springen. So ist mir manche Fehlinvestition erspart geblieben.

    Die Geschichte mit dem Quantensprung sollten sie noch mal nachlesen - das ist nämlich die kleinstmögliche Veränderung und keine Revolution.

    Aber das wird sich wohl genau so wenig durch setzen wie das Wissen darum, was Brackwasser eigentlich ist.

    Ich weiß, ein Januswort, so habe ich es im Studium gelernt. :) Ich hoffe, Sie sehen mir die Nutzung nach.

  • A

    Ich sehe zwei Bremsen: Die schnellen Innovationszyklen und die Konkurrenz.

    Früher nutzte man Fernseher, bis sie den Geist aufgaben oder es wirklich große Entwicklungssprünge gab. Typische Beispiele: Farbfernsehen und Stereoanlagen, die das alte Röhrenradio ablösten.

    Heute hat das Fernsehen viel Konkurrenz um die Zeit seiner Nutzer. Nehmen wir einfach mal das Smartphone.

    Dazu kommt, dass die neuen, riesigen, Fernseher das Wohnzimmer immer mehr dominieren und die Wohnungen, gerade bei jüngeren Menschen, eher kleiner werden.

    In Städten wie München sind Kultur- und Nachtleben wohl auch deshalb so intensiv, weil viele Leute sich nur noch ein winziges Wohnclo mit Kochgelegenheit leisten können und folglich ihr Privatleben nach außen verlagern müssen. Wer kann für eine 80-m2-Wohnung 1500 EUR Miete hinlegen?

    Um mal die Tagesschau oder einen Tatort anzusehen, und das sowieso zeitversetzt, reicht auch ein Tablet. Full-HD-Auflösung bieten die oft auch. Vernünftigen Klang gibt es per Kopfhörer.

    Auch ein guter Gedanke, die liebe Konkurrenz über andere Geräte. Und was München angeht: Ich kann es bestens nachvollziehen, über meine Mutter kenne ich die Mietpreise dort. :)

  • H

    Das Fazit stimmt!

    Mein TV-gerät ist 4 Jahre alt, 55 Zoll groß und kann Full HD, der Blue-ray Player wird kaum genutzt.

    Das reicht immer noch!

    Durch das immens große Angebot wird das Angebot auch nicht unbedingt besser, mehr Zeit vor dem TV verbringen ist auch sinnlos.

    Etwas neues gibt es erst, wenn das vorhandene irreparabel defekt ist. Nur kaufen, weil es etwas Neues gibt, ist no go.

  • C

    Mir reicht, was ich habe.

    Da funktioniert schon das Versprochene nicht immer zufriedenstellend (z.B. das Streaming über das Heimnetzwerk).

    Wenn das Smart-TV nicht mal das WLAN erkennt - wozu noch teurere Geräte, für die man dann auch wieder keinen brauchbaren Support bekommt.

    Noch mehr Murks bei neuen Geräten brauche ich nicht.

    Besser mit Freunden Pizza essen, als noch mehr vor der Glotze sitzen.

    Hat das was mit meinem Alter zu tun (60+)?

    Mit Freunden Pizza zu essen, ist immer besser, als vor der Glotze zu hocken. :)

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