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10 Jahre WhatsApp – was war, was kommt?

Jeden Monat werden mehrere Tausend Apps veröffentlicht. Die meisten sind nur für eine bestimmte Nische gedacht, viele sind Klone bekannter Programme, kaum eines macht Furore. Als vor 10 Jahren WhatsApp an den Start kam, fand es kaum Beachtung und Messenger galten noch als reine PC-Software. Es gab die SMS, ansonsten rief man halt an, das ging auch. Wie eine Absage von Facebook alles erst in Gang brachte und weshalb 2019 ein entscheidendes Jahr für WhatsApp werden wird, lesen Sie hier!

Der größte Messenger unserer Zeit

Jan Koum und sein Kumpel Brian Acton brauchten 2007 eine Auszeit. Zehn Jahre hatten sie als Programmierer bei Yahoo gearbeitet, nun wollten sie etwas Neues anfangen. Zuerst gingen sie nach Südafrika, spielten Frisbee und ließen die Seele baumeln. Als sie sich danach bei Facebook bewarben, geschah etwas Unerwartetes – sie wurden nicht genommen. Damit hatten sie nun nicht gerechnet, aber aus der Absage entwickelte sich etwas Großes. Weil sich Koum ein iPhone kaufte und Apple gerade seinen App Store für Drittanbieter öffnete, kam er auf eine Idee: Er wollte eine klassische ICQ-Funktion, den aktuellen Status einer Person auf die Handys holen. Sein Freund Brian Acton sammelte 250000 US-Dollar für das Startup ein und gleich die erste Version war – ein Flop reinsten Wassers.

Aus dem typischen „What's up?“ (Was ist los?) erdachte man sich WhatsApp und brachte Version 1 an den Start. Man beschränkte sich dabei zuerst auf klassische Status-Meldungen. So konnte man der Welt mitteilen, dass man gerade im Büro, auf der Arbeit oder (besonders imageträchtig) im Fitnessstudio war. Mehr war nicht möglich und die App fand kaum Nutzer. Erst mit der Chatfunktion wendete sich das Blatt. Wesentlich billiger als SMS und ohne Längenbeschränkungen entdeckten viele Nutzer ihre Liebe zu schnell dahingetippten Zeilen am Smartphone. Dabei kehrten zwei Probleme immer wieder: Wie konnte man die Sicherheit der App garantieren und wie damit Geld machen?

Sicherheitsprobleme standen allzu häufig auf der Tagesordnung. Bis Mai 2011 konnten Unbefugte ganze Benutzerkonten übernehmen, ebenso konnte der Status geändert werden, sobald man die Telefonnummer des Nutzers hatte. Apple warf die App sogar kurzzeitig aus dem App Store. Je intensiver sich Hacker mit der immer populäreren App beschäftigten, desto mehr eklatante Sicherheitslücken kamen ans Tageslicht. Noch 2012 konnte man mit ein paar einfachen Informationen (u.a. Nummer und Seriennummer des Telefons) komplette Konten kapern oder Nachrichten von fremden Konten senden. Ein Albtraum für jeden Nutzer.

Eine neue Nachricht ist da! Erst mit dem Chat kam der Erfolg. Eine neue Nachricht ist da! Erst mit dem Chat kam der Erfolg.

Lange Jahre wurden die Texte im Klartext versendet, was Datenschützer als schmählichen Dilettantismus empfanden. Danach folgten eher halbherzige Bemühungen mit unterschiedlichen Verschlüsselungsformaten wie RC4, die weder die Nutzer, noch Sicherheitsexperten glücklich machten. Auch konnten die amerikanischen Behörden WhatsApp-Nachrichten jederzeit mitlesen. Erst 2016 wurde eine saubere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingeführt, die immerhin so sicher war, dass sich gleich die frustrierten Geheimdienste beschwerten. Bis heute gibt es erbitterte Diskussionen darüber, wie sicher WhatsApp wirklich ist. Objektiv schafft das Programm es nicht in die Liga der wirklich sicheren Messenger wie Hoccer, Threema, Signal oder Wickr.

Ungeachtet aller Probleme war WhatsApp ein Erfolgsmodell, wenn man von der finanziellen Seite absieht. Denn die Macher waren immer gegen Werbung, nur vereinzelte Versuche gab es, den Kunden eine Nutzungsgebühr (pro Jahr oder pro Installation) abzutrotzen. Das große Geld machte man damit nicht. Aber man hatte 450 Millionen Nutzer, Tendenz klar steigend und eine beeindruckende Technik. Diese Kombination lässt jeden Investor träumen. 2014 stand folgerichtig ein Angebot im Raum, dass Koum und Acton einfach nicht ablehnen konnten: F acebook bot 19 Milliarden US-Dollar für die Übernahme, 4 Milliarden in bar, der Rest in Facebook-Aktien. Damit bekam Facebook nicht nur eine weitere Quelle für seine Datensammlung, sondern schaffte sich zudem einen möglichen Konkurrenten vom Hals. Im gleichen Jahr kaufte man sich noch Instagram dazu und hatte so sein Vollsortiment im Bereich Netzwerke und Kommunikation.

Das Facebook-Imperium Das Facebook-Imperium

Sowohl Koum wie auch Acton verkauften dabei nicht nur WhatsApp, sondern wechselten zu Facebook, um dort in hohen Positionen zu arbeiten. Jedoch war diese Liebe nur von kurzer Dauer, denn auch wenn WhatsApp käuflich war, die Ideale seiner Erfinder waren es nicht. Beide sprachen sich vehement gegen Werbung in WhatsApp aus und ließen ein fünfjähriges Werbeverbot in den Kaufvertrag schreiben. Koum äußerte sich so, dass er Werbung als „Störung“ und als „Beleidigung der Intelligenz“ empfinde, Mark Zuckerberg hörte dies bestimmt nicht gern. Ebenso waren sie nicht begeistert, als sich 2016 Facebook in die AGB schreiben ließ, Telefonnummern von den Kontakten im Adressbuch an Facebook weiterzugeben zu können – natürlich für noch genauere Kundenprofile. Das fünfjährige Werbeverbot läuft nun aus, die WhatsApp-Gründer sind von Bord, nun erwarten viele Nutzer des Programms das Schlimmste.

Bereits seit Oktober 2018 gibt es im Code von WhatsApp die technischen Grundlagen, um Werbeanzeigen im Programm anzeigen zu können. Hält man sich an das Vorbild Instagram, bliebe den Nutzern wenigstens erspart, innerhalb eines Chats von Werbung belästig zu werden. Noch gibt es keine Werbung zu sehen, man rechnet mit ersten Tests ab Jahresmitte, zunächst auf wenige Länder beschränkt. Positiver werden die optischen Änderungen sein, denn WhatsApp arbeitet an einem augenschonenenden „Dark Mode“, also einer dunklen Programmoberfläche. Wer abends noch schnell Nachrichten loswerden will, wird sich freuen. Auch der Funktionsumfang soll steigen: Was in Asien schon längst umgesetzt wird, soll nun auch den Westen erobern – das Bezahlen per WhatsApp. Nachdem Apple Pay erste Versuche in Europa wagt, möchte WhatsApp möglichst schnell nachziehen, der Jahresverlauf 2019 wird hier anvisiert. Der Gedanke, nicht nur Kommunikation und soziale Netzwerke, sondern auch noch Finanztransaktionen in WhatsApps (und damit Facebooks) Hand zu wissen, dürfte aber nicht jedem gefallen.

WhatsApp ist einen langen Weg gegangen. Wie beurteilen Sie die Entwicklung? Werden Sie WhatsApp weiterhin nutzen?

35 Kommentare
Seite 2 von 2
  • T

    Wenn ich wenigstens halbwegs sicher sein will, daß FB oder Google nicht doch an alle meine Aktionen/Daten kommen, dann geht das nur mit einem separaten Gerät und dort anderen Konten (und Verhalten). Technisch perfekt hilft das zwar nicht, aber hier lohnt sich der Aufwand nur noch für Geheimdienste usw.

    Oft übersehen: FB usw. freuen sich zwar, mich überall wiederzuerkennen, aber ebenso wichtig ist ihnen, daß ich einfach eine dicke Datenspur hinterlasse. Dann bin ich auch anonym wertvoll, da ich via BigData sehr exakt beschreibbar bin. So kann ich auch anonym passende Werbebotschaften im weitesten Sinn erhalten, damit diese mich beeinflussen - was ja der Sinn des Ganzen ist.

  • M

    Guten Abend Herr Krumrey,

    wieder mal ein Thema, bei dem ich um einen Kommentar nicht herum komme ;-)

    Versuche schon seit längerem Bekannte und andere "Kontakte" von WhatsApp-Alternativen zu überzeugen.

    Bisher mit mäßigem Erfolg.

    Allerdings ist interessant, dass z.B. an einigen Schulen dem Lehrkörper verboten wird per WhatsApp schulrelevante Informationen mit den Schülern auszutauschen.

    Da werden die anderen sicherlich mehr Zulauf bekommen.

    Persönlich hat mich die Facebook-Übernahme mehr als geärgert, da man richtig ausgebremst wird, wenn man die Weitergabe der WhatsApp-Kontakte an Facebook untersagen möchte (DSGVO: lächerlich!).

    Bin auch absolut bereit, eine mäßige Jahresgebühr für einen unabhängigen und werbefreien Messenger zu entrichten (z.B, Threema).

    Werde also weiterhin versuchen so wenig wie möglich über WhatsApp abzuwickeln.

    Wenn allerdings die volle Werbelawine kommen sollte, wird dies nur noch bestärkt!

    Vorfrühlingshafte Grüße

    Markus Bräutigam

  • M

    Diese ständige weiter Einschränken der Funktion und dann noch Werbung.

    Soll ja erst nur im Status kommen aber die Frage ist ja nur wie lange es dauert bis die Werbung auch in den Nachrichten kommt.

    Ich traue denen auch noch zu adsfree nur gegen monatliche Gebühr anzubieten.

    Ich habe mich schon zu anderen Diensten um orientiert.

    Sobald ich die Mehrzahl meiner Kontakte rum habe, kann ich mich von WhatsApp trennen.

  • P

    Die Datensammelwut bediene ich ganz einfach nicht, indem ich Mark Zuckerberg keine Gelegenheit zum Sammeln gebe, d.h kein Facebook, Instagram oder Whatsapp. Man braucht auch kein youtube Konto.

    Man kann anrufen oder eine Mail schreiben.

    Viele Grüße

  • K

    warum kann ich nur noch 5 chatnachrichten verschicken

    Meine Sie damit, dass Sie nicht mehr als fünf Personen gleichzeitig eine Nachricht schicken können? Das hat man eingeführt, als in anderen Ländern Aufrufe zu Lynchjustiz und falsche Nachrichten verschickt wurden. So kann man nicht gleich ans ganz Adressbuch möglicherweise die ganz falschen Nachrichten verschicken. Darüber hatte ich schon geschrieben: https://blog.ashampoo.com/de/2018-11-13/gelesen-geglaubt-und-weitergeleitet-das-whatsapp-problem

  • H

    Werde dann WhatsApp nicht mehr nutzen

  • U

    Hallo, ich nutze WhatsApp gern und oft für den Austausch belangloser Nachrichten mit Freunden und Verwandten. Für wichtige Dinge gibt es DE-Mail oder die gute alte Schneckenpost.

    Jetzt soll dieser Messenger auch noch mit Werbung verseucht werden. Toll, wie schon in meinem letzten Kommentar angedeutet, geht mir diese Werbeflut allmählich auf die Nerven. Zuckerberg und Co haben nur die Dollarzeichen in den Augen und ballern einem Werbung bald im Sekundentakt um die Ohren. Auch die TV-Sender werden immer schlimmer. Gibt es denn keine Möglicheit - außer Verzicht - sich dagegen zu wehren?

    Ich für meinen Teil würde sogar einige Euronen spendieren, wenn das Programm dadurch werbefrei bliebe. Aber, wie Jens P. vor mir schon schrieb, immer lauter mit den Zähnen knirschen, Augen zu und durch.....

  • I

    Ich hab nur wenige gute Freunde, mit denen ich dort Nachrichten tausche. Ansonsten nutze ich es nicht und WhatsApp ist mit einer anderen email verbunden als Facebook. Dann sollen die mal die Daten zusammenwerfen. … Meine Mobilnummer habe ich bei Facebook nicht angegeben.

    Es wird alles schlimmer, aber möchten wir zurück???? Wir lieben doch alle die neue Technik und viele … obwohl ihr Smartphone noch super läuft … kaufen sich sofort ein neues, wenn eine neue Version herauskommt.

    Wer alles umsonst haben möchte, der wird dafür mit Werbung zugebombt. Man muss halt mal überlegen, dass keiner was umsonst macht, um uns zu erfreuen und so ein Programm wie WhatsApp wartet und auf den neuesten Stand bringt. Wer das erwartet, der ist blauäugig. Alles was umsonst ist, will dafür etwas anderes von uns … möglichst umfangreiche Daten über alles, was uns betrifft, Freunde, Familie, Kinder, Arbeitgeber, Kollegen, Hobbies und was wir gerne kaufe ... einfach alles.

  • W

    Hallo Herr Krumrey,

    Ihre Frage "Werden Sie WhatsApp weiterhin nutzen?" geht bei mir an der Realität komplett vorbei. Ich habe WhatsApp nie benutzt und werde das auch in Zukunft nicht tun. Wer mit mir elektronisch kommunizieren will, muß Threema installieren. Den übrigen, weniger Wichtigen, bleibt halt nur eMail. So kann man auch Spreu vom Weizen trennen. Blablabla brauche ich eh' nicht.

    Beste Grüße

    Wolfgang Kranz

    P.S.: Ihre Blogs begeistern mich regelmäßig. Hoffentlich gibt es noch viele davon.

  • J

    WhatsApp hat sich natürlich in (fast) allen Belangen deutlich weiterentwickelt und inzwischen ist die Nutzerzahl so hoch, dass wohl kein Weg an WhatsApp vorbei führt.

    Was nützt mir der beste, der sicherste, ... Messenger, wenn den keiner nutzt? Ich werde also WhatsApp, wenn auch mit mehr oder weniger starkem Zähne knirschen, auch weiterhin benutzen (müssen). Natürlich habe ich ein Auge darauf, was ich mit WhatsApp versende. Vertrauliche Inhalte gehen über andere Wege raus.

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