Blog
Tech

Eines für alle - die neue Art von Betriebssystem

60 Kommentare

Der Handelsstreit zwischen den USA und China tobt unvermindert, in allen Bereichen werden Alternativen gesucht, um weniger abhängig vom wirtschaftlichen Gegner zu sein. Eines der größten Druckmittel im IT-Bereich ist der „nationale Notstand in der Telekommunikation“, den Präsident Trump bereits ausgerufen hat. Dieses Dekret kann jederzeit chinesische Firmen von der Zusammenarbeit mit amerikanischen Firmen ausschließen, wie unlängst geschehen. Plötzlich wurde klar: Firmen wie Huawei haben bislang keine eigenen Alternativen, wenn ihnen die Zusammenarbeit mit Alphabet/Google untersagt wird. Das wohl prestigeträchtigste Unternehmen Chinas konnte das natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Und so präsentierte kürzlich Huawei-Mobile-Chef Richard Yu ein Betriebssystem, was einfach überall laufen soll, ob auf Handy, Tablet, Fernseher oder im Auto. Bühne frei für Harmony OS!

Auf jedem Gerät zu Hause

Wie Harmony werden soll: superschlank und total kompatibel. Ein weiterer, wichtiger Ansatz: Harmony soll auf allen Geräten laufen können, die überhaupt Betriebssysteme benötigen. Man denkt da natürlich zuerst an Smartphones oder Tablets, doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Smartwatches und Lautsprecher sollen ebenso mit Harmony versorgt werden, wie Autos, Kühlschränke oder Puppen. Ob man nur ein paar Kilobyte Arbeitsspeicher in einem Spielzeug hat oder zig Gigabyte in einem Tablet, Harmony soll die Fragmentierung (hier: verschiedene Betriebssysteme auf verschiedenen Geräten) beenden. Das Internet of Things, mit seinen Milliarden Geräten zwischen Überwachungskameras, “intelligenten“ Kühlschränken und Industrierobotern, könnte theoretisch komplett mit Harmony OS laufen. Dies hätte den immensen Vorteil, dass bei der Entwicklung an nur einem (wenn auch sehr variablen) Produkt gearbeitet werden muss und die Kommunikation zwischen den Geräten einfacher abläuft.

Das Ganze funktioniert nur, wenn man neue Wege geht und eine sog. Mikroarchitektur einsetzt. Das Kernstück dieser Technik ist der Mikrokernel, hier der Betriebssystemkern von Harmony. Dieser Kern ist extrem klein, weil er nur wenige Aufgaben hat. Viel mehr als Prozessverwaltung, Speicherverwaltung, Synchronisation und etwas Kommunikation kann er nicht. Der Rest läuft, anders als beim monolitischen Kernel (Unix, mac OS, etc.), über separate Prozesse oder Programmbibliotheken. Vergleichen wir die beiden Ansätze mit einem Hausmeister, hat der Mikrokernel nur wenige Aufgaben, kann nur einige Räume betreten und hat kaum Schlüssel. Für den Rest braucht er Hilfskräfte, die auch nur spezielle Aufgaben und wenig Rechte haben. Sein Gegenspieler, der monolitische Hausmeister, hingegen hätte hingegen sehr viele Aufgaben, sehr viele Schlüssel und käme praktisch in jeden Raum. Je weniger Rechte aber im Umlauf sind, desto sicherer ist ein System. Man geht daher davon aus, dass Harmony wegen seiner Mikrokernel-Architektur ein sehr sicheres System sein wird.

Intelligenter Fernseher mit HarmonyOS

Eines der größten Probleme dieser Neuentwicklung: Speziell die Kunden im Westen werden kaum mitziehen. Wer seine Verwandten beschmunzelt, weil sie immer wieder ins selbe Restaurant gehen, kennt viele Handy-Nutzer nicht. Die wollen nämlich alles genau so, wie sie es kennen, jede Neuerung wird kritisch betrachtet und in zahlreichen Gruppen und Foren in der Luft zerrissen. Und jene Kundschaft soll nun mit einem völlig neuen Betriebssystem konfrontiert werden? Entweder kopiert man hier die Platzhirsche bis aufs I-Tüpfelchen oder man experimentiert mit eigenen Konzepten, ohne dabei allzusehr vom Gewohnten abzuweichen. Letzteres kann schwierig sein. Konkurrent Xiaomi hatte z.B. schon mit seiner Eigenentwicklung MIUI Erfolg, die ganz breite Akzeptanz kam aber erst mit der Veröffentlichung von reinen Android-Smartphones. Zudem könnten Harmony-Handys komplett ohne Google-Dienste ausgeliefert werden, für westliche Kunden schwer vorstellbar. In China, wo Google eh geblockt wird, sind die Hürden für Harmony OS dagegen wesentlich niedriger.

Ein weiteres Problem: Wo sind die Apps? Kein Betriebssystem überlebt ohne eine immense Auswahl an Apps. Wer den traurigen Tod der Windows Phones verfolgt hat, wird hier zustimmen: Ohne alle bekannten Apps in leistungsfähigen Versionen gibt es für keine Neuentwicklung eine Zukunft. Huawei geht hier den besten Weg: Zukünftig sollen alle HTML5-, Linux- und Android-Apps auf Harmony laufen. Ein ehrgeiziges Ziel, hier totale Kompatibilität zu versprechen! Ob das wirklich funktionieren wird, wird erst die Zukunft zeigen. Marketing-Versprechen sind immer grandios, die Wahrheit auf dem Gerät sieht häufig anders aus. Und wo sollen die Nutzer die Apps dann herbekommen? Einen Zugriff auf den Playstore wird es kaum geben, eine entsprechende Sicherheitsüberprüfung der Apps, wie zuletzt vermehrt von Google umgesetzt, müsste komplett selbst bewerkstelligt werden. Mancher wird neue Apps daher wohl mit einem eher mulmigen Gefühl installieren.

Die treibende Kraft: Huawei

Was man generell nicht implementieren kann, ist Vertrauen, das muss man sich verdienen. Und genau hier wird es Huawei schwer haben, ihre westlichen Kunden zu überzeugen. Die Angst, sich beim Kauf gleich die chinesischen Behörden aufs Handy zu holen, wiegt schwer. Vielleicht hat man sich auch deshalb entschlossen, Harmony unter dem Open Source Banner laufen zu lassen. Wenn der Quellcode offen ist, werden hunderttausende Enthusiasten weltweit einen scharfen Blick in den Code werfen, um mögliche Hintertüren für die Behörden aufzudecken. Zudem versucht Huawei gerade massiv, Harmony auch anderen Firmen schmackhaft zu machen. Speziell auf dem asiatischen Markt stehen die Chancen dafür nicht schlecht, viele Firmen sind durch die Ereignisse des letzten Jahres regelrecht traumatisiert. Wir als Endbenutzer können nur warten, bis die ersten Harmony-Versionen zum Testen zur Verfügung stehen. Und da Konkurrenz immer den Markt belebt: Willkommen, Harmony!

Was mich interessiert: Würden Sie einem chinesischen Betriebssystem Ihr Vertrauen schenken?

60 Kommentare
Seite 2 von 3
  • B

    Mittelfristig werden die Chinesen ohnehin die Weltmacht Nr.1 werden. Auch technologisch. Das kann niemand verhindern. Da kann ich doch auch jetzt schon die Software nutzen. Spioniert wird überall.

  • K

    Wie heisst es so schön, Konkurrenz belebt das Geschäft.

    Wir sollten den Chinesen die Chance geben, sich zu beweisen. Ich würde ihr Betriebssystem auf jeden Fall testen wollen.

  • r

    Ich habe bis heute ein Windowsphone. Leider läuft es aus.

    Muß mir leider ein neues Handy zulegen. Es wird wohl ein Huawei sein. Wenn dann das neue betriebssystem auf den Markt kommt, werde ich es ausprobieren. Geschnüffelt wird sowieso überall.

  • G

    Notgedrungen muss man sich ein Betriebssystem für seine Technik entscheiden. Die Auswahl ist der Nutzung unterlegen. Manche Pereferiegeräte funktionieren nur mit je einem System optimal. Da wird die Auswahl nicht groß sein, wenn man gute Performanz haben möchte.

    Was die Chinesen machen sieht für mich persönlich zukunftsweisend aus. Alles spricht von einer offenen Gesellschaft, warum nicht hier?

    Wenn’s kommt wäre es eine gute Alternative für mich.

    Werde es weiter beobachten.

    Übrigens: Wer jeden neuen Quark mit macht ohne zu hinterfragen, nur um hip zu sein, braucht sich um seine Privatsphäre wirklich nicht sorgen ;-).

  • j

    Bis China und die anderen asiatischen Anbieter Google verbieten und zum Boykott gegen Apple aufrufen Hauptsache es funktioniert gut

  • D

    Ja würde ich , da ich seit Jahren Huawei besitze

  • U

    Wenn es ein Betriebssystem wie Harmony als Open Source gibt, ist die Konkurenz erst mal auf dem Markt, und den Rest werden wir erleben. Dieses ständige Drangsalieren der US OS geht mir ohnehin gegen den Strich. Nutzungsbedingungen, die eher die Bezeichnung der räuberischen Erpressung verdienen, so wie man es bei Google und MS erlebt, werden sich umstellen müssen und das wäre auch gut so.

    Ein Open Source System wird bei mir immer den Vorzug bekommen. Bei Browsern wie Firefox hat es sich auch gezeigt, das es keine schiere Massen an Apps braucht, um sich sehr gut gegen Konkurenz zu behaupten.

    Und den chinesischen Entwicklern traue ich es zu, das sie das locker hinbekommen.

    Trump hingegen wird mit seinen Erpressermethoden scheitern, aber Konkurenz erzeugen, wo es vorher keine gab. Gut gemacht.

    Die Digitalisierung durchdringt unser Leben schon lange und dazu bedurfte es nicht 5G Standarts. Die eigentliche digitale Währung, mit der wir das bezahlen, sind persönliche Daten. Das ist zwar alter Kaffee, wird aber genau so oft vergessen oder verdrängt. Mit dem Harmonie OS wird es damit vielleicht nicht zwangsläufig besser, aber allein der Open Source Ansatz ist eine Option, die es in sich hat. Da geht was!

  • B

    wenn es besseres und schlankeres Betriebssystem geben würde, ist das auf jeden Fall vorteilhaft. Doch der Name Huawai hat ein fades Gefühl. Der ist es doch, der dieses unsägliche 5g durchdrücken will?

    Ob man nun von Google oder China gegängelt wird, macht keinen Unterscheid. Nur bei Google ist man es gewohnt und die Chinesen ticken ein wenig anders.

  • V

    Die Überwachung ist doch längst im Gange. Egal ob China, Russland, USA, Google, Facebook, Windows, Amazon und wie sie alle heißen. Es gibt nur eine Frage, die man sich stellen muß: Nutze ich Smartphone, Computer mit Internet, Smart-Geräte und Alexas? Wenn ja, gibt man sich der Überwachung und Auswertung hin.

    Bemerkenswert, dass sehr viele Menschen sowieso vieles von sich freiwillig preisgeben und teilen.

    Also was soll das ganze Geplänkel über Sicherheit und Datenschutz? Das gibt es nicht im Internet und wird es nie geben.

    Ja, wenn das BS der Chinesen paßt, dann nutze ich es.

  • E

    ja, es ist immer gut

  • G

    Warum nicht. Wir werden von allen ausspioniert! China ist daher keine Ausnahme.

  • P

    Ja klar, bin für alles offen!

  • H

    Huawei könnte Erfolg haben, weil Open Source vertrauenswürdiger ist als die Betriebssysteme mit offiziellem Zugriff von Geheimdiensten.

    Trump ist ein Nationalist. Wenn man in die Geschichte des letzten Jahrhunderts schaut, dann haben Nationalisten nicht nur die meisten gewaltsamen Toten aller Zeiten verursacht, sondern auch ihre Heimatländer auf Dauer ökonomisch und politisch geschwächt. Sollte sich ein offenes Betriebssystem auf Handys durchsetzen, dann dürfte mittelfristig die Position von Google und bei Sprung auf den Desktop von Mikrosoft deutlich angreifbarer werden. Die Boykottpolitik erzwingt diesen Fortschritt unabhängig von seiner Bewertung.

    Und ja, ich würde das Huawei-OS nutzen.

  • P

    Ganz sicher würde ich den Chinesen mehr vertrauen!

  • R

    Da ich Google & Apple nicht mag, weil vor allem Google nach 2 Jahren Gewährleistung, keine Android-Updates mehr anbietet, würde ich liebend gern, Huawei Harmony OS installieren und ausprobieren und wenn ich es gut finde, dabei bleiben. Daten sammeln alle Firmen, also sicher auch Huawei. So gesehen wäre mir das egal.

  • H

    Da ich Google sowieso als größten Datensammler ansehe, würde mir der Wechsel auf das Harmony System nicht schwerfallen. Zudem ich ein begeisterter Huawei Anhänger bin und keine Befürchtung habe , mehr als bisher ausspioniert zu werden !

  • J

    Die Frage nach den Apps ist sehr berechtigt, man muss nur weiterdenken. Ohne ambitionierte Entwickler gibt es keine vernünftigen Apps, wie man seit dem "Developer-Dance" von Steve Ballmer weiß. Zwar ist es für die Chinesen überhaupt kein Problem, einfach mal so eine (oder mehr?) Million(en) Developer aus dem Hut zu zaubern - das allein wird kaum helfen, zumindest nicht international. Nicht nur die Sprachbarriere ist dafür verantwortlich - es gibt eine große Menge von Software, die national spezifisch ist und wohl auch bleiben wird.

    Ohne multinationale Offensive ist da kaum etwas auszurichten, zudem haben einige US-Firmen mit diesem Ziel die Latte für die nötige Unterstützung der internationalen Entwickler-Gemeinde sehr hoch gehängt.

    Wenn es die Chinesen auch noch schaffen, Entwickler in aller Herren Länder mit modernen, kostenlosen oder günstigen Programmierwerkzeugen zu versorgen, haben sie sich den Erfolg redlich verdient - geschnüffelt wird ja schließlich überall...

  • S

    Ja, man soll nicht immer etwas Negatives hervorholen wenn man das Neue noch garnicht kennt.

  • c

    ja, würde ich.

  • E

    Warum soll ich der NSA mehr Vertrauen als den Chinesen? Die NSA schneidet und speichert eh alle weltweiten Daten mit und was sollte ich also gegen die Chinesen oder sonstwen haben, speziell wenn diese sogar Bereit sind ihren Quellcode Open Source zu gehen und es somit jedem Fachmann ermöglichen an der Datensicherheit zu arbeiten. MfG Elmar Czech

  • D

    Bei moderner Hardware den Blick nur auf das OS zu richten ist zu kurz gedacht. Einem quelloffenen OS kann man vertrauen - den verbauten chinesischen Chips kann man aber ebenso wenig vertrauen wie nicht quelloffenen OS'sen.

    Chips können ausreichend Microcode für Spionagezwecke enthalten, ebenso wie nicht quelloffene Apps spionieren können. Wer sich solche Hardware zulegt, sei es ein 'smartes' Phone, ein 'smartes' TV-Gerät oder ein 'smarter' Lautsprecher, muss damit rechnen, dass die Nutzung ausgewertet und an interessierte Stellen weitergeleitet wird.

    Mir als westlich sozialisiertem Menschen gefällt aber auch der Name 'Harmony-OS' nicht. Vermutlich bezieht sich der Name darauf, dass alle Arten von OS-bedürftigen Geräten damit betrieben werden können. Zugleich ist der Name aber auch Ausdruck einer asiatichen Lebenseinstellung und Sprache, in der alles - für unser westliches Empfinden - irgendwie blumig und schönfärberisch ausgesprochen wird. Harmonie wird mir jedenfalls kein OS vermitteln können.

  • R

    Harmony hat auf jeden Fall seine Chance verdient. Google verliert damit sein Allwissen. Und mal ehrlich: Welche Google-App braucht man eigentlich wirklich unbedingt? Ich nutze Maps, alles andere ist ersetzbar.

  • M

    Ich habe mehrere China Geräte z.B:Fernseher,Saugroboter,Handy am laufen.Alle bestens.Ob die Ami´s oder die Chinesen meine Hausnummer kennen spielt letzendlich keine Rolle.Wichtig ist wie ich mit meinen Daten umgehe.Ich würde mich auf jeden Fall über eine Unabhängikeit von Google u.Co.freuen.Manch einer sollte auch mal schauen wo seine Elektronik überhaupt herkommt.

  • H

    Nur zu, ich würde es begrüßen ein neues OS auszuprobieren. Leider mußte ich vor kurzem von

    Windows-Phone auf auf Android (Apple kommt mir nicht in die Tüte) umsteigen, mit allem wenn und aber.

    Auf meinem Rechner läuft neben Windows auch Linux.

    Geschnüffelt wird vermutlich überall, aber die Gängelei

    durch Google nervt manchmal schon.

  • e

    ja wenn alles läuft mit als div

Über Ashampoo
Anwender
22+ Millionen
Downloads
500.000+ pro Monat
Weltweit
In über 160 Ländern
Erfahrung
Mehr als 25 Jahre
Ashampoo icon