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Einen High End PC nutzen, ohne ihn zu besitzen: PC Streaming

Sven Krumrey

Wir sind es ja mittlerweile gewohnt, alle möglichen Inhalte über das Internet zu bekommen. Internet-basierte Texte, Bilder oder Videos sind Alltag – doch wie sieht es mit einem High End PC aus, auf den Sie von überall zugreifen können? Und das, ohne je einen gekauft zu haben? Was gerade noch in den Kinderschuhen steckt, könnte ein interessantes Modell für alle werden, die auf ihrem Mac endlich mal richtig spielen wollen, einen Spiele-PC in ihrer Wohnung ablehnen oder den Kaufpreis und die schnelle „Alterung“ von Hardware fürchten. Doch wie soll dieser „gestreamte PC“ nun funktionieren?

Auf jedem Gerät in bester Qualität spielen

Der Gedanke ist erst mal gewöhnungsbedürftig. Man kennt ja seinen Rechner, er brummt brav unterm Tisch und wenn man ihn besonders lieb hat, spendiert man ihm ab und zu neue Hardware oder ein gutes Programm. Der Ansatz von PC Streaming ist ein anderer: Hier steht kein PC irgendwo, sondern man bekommt ein gutes Stück von der Power eines Rechenzentrums. Der Gedanke dahinter ist einfach: Man nimmt dem Nutzer einige Schrecken ab (Kauf des PCs, Einrichtung und nicht zuletzt den oftmals üppigen Anschaffungspreis) und bietet als Abo dafür einen PC, auf den man über das Internet Zugriff hat. Was für Firmen schon länger verfügbar ist (nennt sich Infrastructure as a Service), soll nun auch den Markt für Privatanwender erobern.

Die Firma Shadow geht gerade mit einem solchen Angebot an den Start. Einen großen Unterschied soll es geben: Während Firmenrechner meistens eher lahme Gurken sind, die eher auf Office oder sonstige Büroarbeiten ausgelegt sind, lockt nun Leistung pur. Und die technischen Angaben sind beeindruckend: Man bietet natürlich aktuelles Windows 10, 12 GB Arbeitsspeicher, moderne Xeon-Prozessoren und, für Spieler unerlässlich, die Leistung einer NVIDIA GTX 1080. Die kostet allein schon grob 500 € und ist in der Lage, alle gängigen Spiele in höchster Auflösung zu spielen. Mit 1 GBit/s verfügt das System zudem über eine sehr mächtige Internetanbindung. Was mich hingegen überhaupt nicht überzeugt: Man hat ganze 256 GB Festplattenplatz zur Verfügung. Wer das auch immer entschieden hat, war kein Spieler! Allein Final Fantasy 15 braucht satte 148 GByte auf der Festplatte, das ältere The Witcher 3 über 50 GB, da wird der Platz schnell knapp.

Und so sieht die Shadow Box aus Und so sieht die Shadow Box aus

Den Zugang muss man sich so vorstellen: Zuerst braucht man eine stabile Internetleitung mit minimal 15 MBit/s. Dann kann man die Shadow App auf dem Gerät seiner Wahl installieren. Windows, Apple und Android sind schon am Start, mehr Systeme sollen folgen. Hat man die App gestartet, sieht man einen normalen Windows 10 Bildschirm und kann mit dem Rechner anstellen, was man will. Hat man überhaupt kein passendes Gerät zur Hand, bekommt man eine Box (natürlich Shadow Box genannt), die ziemlich futuristisch aussieht und eine Menge Anschlüsse für den Nutzer hat. Mit vier USB-Anschlüssen, Mikro, LAN und Kopfhörern ist man gut versorgt. Eigene Dateien müssen auch über das Netz (z.B. einen Cloud-Dienst) auf den Rechner geschaufelt werden. Für Spieler würde es sich da wohl eher anbieten, die STEAM-Software (GamersGate, etc.) zu installieren und dann die Spiele herunter zu laden.

Erste Tests zeigen, dass (noch) nicht alle Versprechen gehalten werden. Selbst mit 60 Mbit waren noch Ruckler und Latenzen (Verzögerungen) zu spüren, zudem scheinen große Unterschiede zu bestehen, auf welchem Gerät man streamt. Die hauseigene Shadow Box macht dabei oftmals größere Probleme als ein Mac, was mich ehrlich verwundert. Zudem baut Shadow gerade noch seine Rechenzentren aus (momentan geht alles über Paris, Amsterdam kommt bald hinzu), verfeinert den Übertragungs-Codec und verspricht künftig bessere Performance. Daran können sie noch arbeiten, auf den Faktor Internet haben sie jedoch keinen Einfluss. Über WLAN kann man häufig nicht mal den Rechner im Nebenraum sauber streamen, wie soll es dann kabellos funktionieren? Realistisch gesehen braucht man hier also doch wieder die guten, alten Netzwerkkabel und ein wirklich stabiles Internet.

Hier steht dann Ihr Rechner Hier steht dann Ihr Rechner wirklich

Natürlich ist der Gedanke eines gestreamten PCs damit nicht zu Ende gedacht. Jenseits von Spielen kann sich jeder bei Bedarf Zugriff auf einen PC über das Internet holen. Hier gibt es nur einige Hürden: Nicht jeder vertraut seine Daten einem Rechner an, der irgendwo fern der Heimat steht. Objektiv mag der Fern-PC sicherer sein, da die dahinterstehende Firma möglicherweise über bessere Sicherheitsmechanismen als der gemeine Privatanwender verfügt, dennoch ist der Gedanke vielen Menschen unangenehm. Zudem hätte man offline schlicht keinen Rechner und wer z.B. mit bröckeligem DSL auf dem Land wohnt, würde immer mit Verzögerungen zu kämpfen haben, auch kein schöner Gedanke. Auf der anderen Seite gäbe es keine bangen Blicke mehr, wenn der eigene Lüfter seltsam röhrt oder die eigene CPU heiß genug für ein Spiegelei wird. Der Zugriff wäre allein vom Internet abhängig, wo man sich auf der Welt auch immer befindet. Das hätte auch etwas für sich! Auch die Preise werden über den Erfolg entscheiden. Für 30 € monatlich (Laufzeit: ein Jahr) nutzt man einen Rechner, der im Laden gekauft ca. 1800 € kosten würde. Ich bin wirklich gespannt, welchen Erfolg die Macher bei den traditionell kritischen Gamern haben und ob andere Angebote für Normalnutzer an den Start gehen werden. Endlich mal ein Projekt, bei dem es sich lohnt, es im Auge zu behalten!

Was mich interessieren würde: Könnten Sie sich vorstellen, einen Rechner zu streamen, ob nun als Spieler oder nur zur normalen Nutzung?

Bild 2 und 3: Shadow newsroom

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