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4,342865 Milliarden Gründe für Google, sich zu ändern

Sven Krumrey

Kennen Sie GAFA? Hinter dieser Abkürzung stehen die vier vielleicht mächtigsten, amerikanischen Konzerne: Google, Apple, Facebook und Amazon. Diese Firmen haben sich (neben Microsoft) den Internet-Kuchen aufgeteilt und machen Milliarden, fast ungestört. Kürzlich platzte aber eine Schlagzeile in diese hochprofitable Idylle: Google muss 4,3 Milliarden Euro Strafe zahlen, wie eine EU-Kommission entschied. Was steckt wirklich dahinter?

Es wird langsam dunkler um Google

Googles Android hat einen riesigen Vorteil: Es ist umsonst und darf individuell angepasst werden, ein verführerisches Angebot für jeden Handy-Hersteller. Ein eigenes Betriebssystem zu erschaffen, wäre schlichtweg nicht wirtschaftlich. Google, die ihren Leitspruch „Don't be evil" (Sei nicht böse) 2018 ablegten, stellt Android natürlich nicht aus reiner Freundlichkeit bereit. Man stellt harte Bedingungen. Wer zum Beispiel den wichtigen Playstore für seine Produkte nutzen möchte, muss auch Google-Apps wie Chrome vorinstallieren und ebenso die Google Suche an den Nutzer bringen. Gleich 11 Apps, die ohne weiteres nicht deinstalliert werden können (nur deaktiviert), müssen vorinstalliert werden. Zudem hat Google Hersteller dafür bezahlt, dass sie die Google-Suche integriert haben. Für die Hersteller von Smartphones war das ein lukrativer Nebenverdienst, legal war dies lt. EU-Kommission nicht. Der dritte Vorwurf geht ins Technische. Da Android quelloffen ist (man darf den Programmcode einsehen und auch ändern), können Hersteller eigene Versionen davon unters Volk bringen. Die sehen dann oft schicker aus, haben bestimmte Zusatzfunktionen und sind durchaus ein Verkaufsargument. Wer aber solche Alternativ-Versionen am Start hatte, durfte kein Handy mit reinem Android herausbringen.

Das sind Knebelverträge, die Wettbewerbskommissionen auf die Palme bringen und jetzt zu einer Milliardenstrafe geführt haben. Wie schön früher bei Microsoft, die mit der Brechstange den Internet Explorer und die Suchmaschine Bing unter das Volk prügeln wollten, wurden die Wettbewerbshüter aktiv. Großer Nachteil: Das dauert! Und so werden Strafen für Vergehen ausgesprochen, die z.T. sieben Jahre her sind. Natürlich hat Google schon Heerscharen von Anwälten in Stellung gebracht, um dagegen vorzugehen. Es könnte daher wieder Jahre dauern, bis eine endgültige Entscheidung unter Dach und Fach ist. Die klare Botschaft wird aber immer wieder an die GAFA-Unternehmen (und andere, auch Microsoft und Intel können ein Liedchen davon singen) übermittelt: „Wir beobachten Euch und Ihr dürft nicht einfach tun, was Ihr wollt - sonst wird es teuer.“ Doch weiteres Unheil zeichnet sich für Google bereits ab! Innerhalb von 90 Tage n muss Google seine jetzige Praxis ändern, sonst drohen weitere, empfindliche Strafen. In Zeiten, wo Mark Zuckerberg selbst Anhörungen vor dem US-Senat wie ein Gaststar im Vorbeigehen erledigen darf, sind solche Nachrichten wichtig.

Brüssel: Aktuell nicht Googles Lieblingsstadt Brüssel: Aktuell nicht Googles Lieblingsstadt

Wenn diese Strafe auch Rekord ist, sie ist nicht die erste dieser Art. Bereits im Juni 2017 hatte die EU-Kommission zugeschlagen: 2,42 Milliarden musste Google zahlen, weil deren Google Shopping eigene Anzeigen besser platzierte, selbst wenn die Konkurrenz vergleichbare oder günstigere Angebote am Start hatte. Suchte man einen beliebigen Artikel, fand man bei Stichproben oftmals erst auf Seite 4 Angebote anderer Mitbewerber. Da aber 95 % der Klicks auf die erste Suchseite entfallen, hatte man die Konkurrenz auf Seite 4 schlichtweg begraben. So schadete man dem Verbraucher und dem freien Wettbewerb. Schon damals merkte man: Die Strafen werden dem Umsatz des Unternehmens angepasst, sie sollen wirklich wehtun! Dabei sollte man auch die Nationalität der Firmen vergessen, auch wenn dies häufig Diskussionspunkt ist. Es ist nicht wichtig, woher eine Firma stammt, sondern wie ihre Vorgehensweise ist. Verstößt sie gegen geltendes Recht, werden dadurch Konkurrenten oder wir Kunden benachteiligt, muss gehandelt werden, selbst wenn sie Ihren Firmensitz auf Atlantis hat!

Auch wenn man vermutet, dass Google gerade 90 Milliarden auf dem Festgeldkonto hat, wird der Konzern diese Strafe sehr wohl merken. Setzt sich die EU endgültig durch, muss Google nun Mitbewerber verstärkt zulassen, darf Handy-Hersteller nicht länger für Installationen seiner Apps bezahlen und muss den Herstellern freiere Hand bei der Nutzung und Änderung von Android lassen. Das dürfte noch weitaus mehr schmerzen, als die Geldstrafe an sich! Denn so groß Google, Facebook und Co auch sind, greift die Politik empfindlich in das lukrative Geschäftsmodell ein, können Milliardenprofite ganz schnell kleiner werden. Würde man z.B. Facebooks Datensammelei nur auf deren eigene Seiten einschränken, wäre schnell Schluss mit den perfekten Benutzerprofilen für die liebe Werbung. Und spätestens hier beginnt auch eine politische Dimension. Denn die IT-Giganten ärgern schon seit Jahren die Politiker vieler Länder. Sie nehmen sehr viel ein und zahlen oftmals dort nur wenig Steuern, wo sie es erwirtschaften. Interessant in dem Zusammenhang: Schätzungen ergaben, dass das oftmals beklagte Handelsdefizit zwischen den USA und Europa gar nicht existiert, wenn man die Dienstleistungen und Geschäfte der Digitalkonzerne miteinberechnet. Der Gedanke, dass Waren durchaus digital sein können, hat sich aber noch nicht durchgesetzt. Bei Ashampoo weiß man es (sonst wären wir arm dran), in Politikerkreisen weniger.

Justitia für uns im Einsatz

Hier wird aktiv gegen Monopole und für den Kunden gearbeitet. So gerne viele (auch ich) an Politikern herummäkeln, wir Nutzer brauchen die freie Wahl. Weil Konkurrenz den Markt belebt, weil wir Sucherergebnisse wollen, die uns wirklich die besten Angebote oder die relevantesten News bringen, weil wir die besten Apps nutzen wollen – und nicht jene, die man uns vorschreibt. Wäre es nicht ein Fest, auf dem Handy ganz einfach all jene Apps deinstallieren zu können, die uns nicht zusagen? Oder wie wäre es, eine schicke Auswahl von Browsern und Suchmaschinen gleich beim ersten Start an die Hand zu bekommen? Wie viele würden dann doch lieber Opera mit der anonymen Suche DuckDuckGo nutzen, statt sich auf die vorinstallierten Lösungen zu verlassen? Sicher ist, auf den Handys dieser Welt würde es um einiges vielfältiger aussehen – kein schlechter Gedanke!

Was mich interessieren würde: Unterstützen Sie die Bemühungen, diese Giganten der Weltwirtschaft in die Schranken zu weisen oder halten Sie diesen Kampf bereits für verloren?

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