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Die Rückkehr des Klassikers: Der C64 Maxi im Test

Sven Krumrey

Manchmal erlebt man Momente, die das Leben entscheidend verändern. Bei mir war es 1985, ich hatte Geburtstag und öffnete mit altersüblichem Maximal-Puls die Geschenke. Ein längliches Paket weckte sofort mein Interesse, ich packte es aus und starrte fasziniert auf den Schriftzug Commodore C64 MicroComputer. Dabei lagen ein Haufen Disketten und zwei Joysticks. Es war um mich geschehen! Dieser „Brotkasten“ faszinierte mich, lehrte mich Geduld und etwas Basic-Programmierung. Die Faszination für Technik, fürs Ausprobieren und Selbermachen hat mich danach nie wieder verlassen. Aktuell gibt es den C64 wieder, eine Hommage im Original-Design, mit modernerer Technik und aktuellen Anschlüssen. Ich konnte natürlich nicht anders, als diesen Meilenstein des Home-Computers zu bestellen und ihn auf Herz und Nieren zu testen.

Eine Kiste voller Nostalgie

Ich bin inzwischen dezent älter, aber dennoch öffne ich das Paket voller Vorfreude. Wird sich die alte Magie wieder einstellen, ein kleines Stück vielleicht? Die Verpackung atmet Geschichte pur. Zwar glänzt nicht mehr mit Commodore-Schriftzug, aber ich sehe eine Optik, die mich Jahrzehnte zurück schickt. Das Gehäuse und die Tastatur fühlen sich wie damals an. Natürlich ist das Gewicht anders, die Tastatur hat einen anderen Anschlagpunkt, aber man hat sich wirklich Mühe gegeben, Größe und Optik sind wirklich sauber nachempfunden. Das berühmte Commodore-Logo oben links fehlt schmerzlich, da muss ich wohl für Ersatz sorgen! Ansonsten dabei: Ein kleines Begleitheft (mit einem Schnellstart), Stromzufuhr und ein HDMI-Kabel minderer Qualität, das zumindest an meinen Geräten nicht sauber funktionierte.

Natürlich im Zentrum der Begierde: Der Joystick. Im Vergleich zum ewigen Klassiker, dem Competition Pro, kann er natürlich nicht gewinnen. So robust, so präzise, so prägnant klickend im Sound ist der mitgelieferte Joystick nicht, aber man hat ihm offensichtlich Mikroschalter spendiert und auch Spiele wie Summer Games 2 (ein klassischer Joystick-Killer) bringen ihn nicht an die Grenze. Alte Joysticks kann man leider nicht anschließen, auch alte Peripherie (Floppy, Datasette, etc.) ist nicht kompatibel, Veteranen können also ihre knatternden Laufwerke seufzend weglegen. Wer beim Joystick keine Kompromisse eingehen mag, kann natürlich ziemlich genaue Nachbauten klassischer Produkte kaufen, die in unterschiedlicher Qualität und Ausführung auf dem Markt sind. Der beiliegende Joystick schlägt sich jedenfalls wacker, 2 Wochen Geruckel sorgten für keine Ausfallerscheinungen. Wie es nach Monaten des Spielens aussieht, kann ich (auch für das Gesamtgerät) natürlich nicht sagen.

Der Albtraum jedes Joysticks: Summer Games Der Albtraum jedes Joysticks: Summer Games

Ein Blick rund ums Gehäuse zeigt schnell: Unter dem charmanten Äußeren steckt moderne Technik. Schon die Anschlüsse für externe Geräte sind USB, der Ausgang für den Fernseher / Monitor HDMI. Es ist also k ein Nachbau im engeren Sinne, sondern ein Tribut an einen Klassiker. Wir haben also einen Emulator im kultverdächtigen Äußeren vor uns. Das sieht man auch, wenn man das Gerät aufschraubt (ich hatte den inneren Zwang, das zu tun!), das Gehäuse ist ziemlich leer. Das ist auch logisch, die Rechenleistung ist für heutige Verhältnisse natürlich ein Witz, jedes Smartphone muss da mehr bewältigen. Also alles wieder verschraubt, an Strom und Fernseher angeschlossen und den Atem angehalten. Es erscheint ein nettes Logo „Retro Games THE C64“, das Assoziationen zu glorreichen Zeiten weckt. Danach erscheint ein übliches Karussellmenü, mit dem man durch die 64 fest installierten Spiele navigieren kann. Außer dem Titel und einer Kurzbeschreibung des jeweiligen Spiels sieht man noch das Erscheinungsjahr, den Autoren und das Genre. Nett!

Möchte man kein Spiel aus der (guten) Spieleauswahl des Karussells auswählen, gibt es natürlich noch den Basic Modus, hier Classic Mode genannt. Hier ist es altvertrautes Blau auf Blau, die Nostalgie ist beinahe greifbar, wenn der Cursor blinkt und 38911 BASIC BYTES FREE vermeldet wird. Plötzlich sehe ich mich wieder mit Tennissocken Knight Rider gucken und Boris Becker gewinnt Wimbledon. Allerdings sind die Restriktionen wie früher: Es gibt nicht mehr Speicher, das System wurde nicht aktualisiert, alles ist genau wie zu Zeiten, als Bill Gates noch lange Haare hatte. Ob das einfach stilvoll ist oder vielleicht etwas zu realistisch, muss jeder selbst entscheiden. Ein paar Befehle lasse ich ausführen (Hello World!), die auch problemlos funktionieren. Ich steige aber mangels Zeit aktuell nicht tiefer in Basic oder diesen Modus ein. Wer hier durchstarten will, findet natürlich keine Grundlagen im Handbuch (einige sehr anspruchsvolle Rezensenten beklagten dies), Basic- oder C64-Literatur gibt es jedoch in Massen.

Thema Games: 64 sind installiert, darunter auch viel Klassiker (Boulder Dash, Cyberdyne Warrior, Impossible Mission, etc.), doch natürlich nicht alle Spiele, die das Enthusiastenherz begehrt. Die gute Nachricht: Das System kann mit Disk- oder Tape-Images umgehen, wenn man sie auf einem mit FAT32-formatiertem USB-Stick speichert und dann an den C64 anschließt. Das Internet ist voll mit C64 Spielen, deren Rechte längst abgelaufen sind und die im D64- oder T64-Format vorliegen. D64 ging bei mir besser, die Spiele ließen sich mit recht geringer Verzögerung spielen, auch Spiele über mehrere Disks (und damit mehrere Images) ließen sich häufig (nicht immer) problemlos starten. Beim Thema läuft / läuft nicht muss man anmerken, dass der Hersteller noch an der Firmware arbeitet. Die Version zur Auslieferung war ziemlich grausam, mit einer aktuellen Version ist man höchst passabel unterwegs.

Der Basic Modus - Da geht mein Herz auf

Ich würde den C64 nicht an einen wirklich großen Fernseher anschließen. Zwar soll er 720p Bildpunkte in der Ausgabe können (was einfachem HD entspricht) und die Pixel sind auch scharf – dennoch haben wir hier eine pure C64-Grafik, hier ist nichts „remastered“, nichts hochauflösend, die sah schon auf kleinen Fernsehern klumpig aus. Ist der Fernseher zu groß, wirken die wenigen Pixel wie bunte Wackersteine, das irritiert eher. Ein „kleinerer“ Fernseher bis vielleicht maximal 32 Zoll passt besser, vielleicht sogar eine Röhre, wenn vorhanden. Wichtig: Der Fernseher sollte unbedingt einen HDMI-Anschluss haben. Meine Versuche mit einfachen Adaptern (z.B. zu einem DVI-Monitor) funktionierten nicht, lt. Internet kein seltenes Problem. Aber um fair zu sein: Es ist ein Emulator für ein uraltes System, auf dem auch früher nicht alles perfekt lief, generell läuft das Ding beim Spieleinsatz fehlerfrei.

Wer noch mehr Retro braucht: Der C64 Maxi hat auch noch einen VC20-Modus. Das ist ein ebenso legendäres Vorgängermodell und hat eine vielleicht kleinere, aber eingeschworene Fangemeinde weltweit. Wer Lust hat, Klassiker wie Asteroids, Choplifter, Pac-Man oder Q*bert in Urversionen zu spielen, kann auch das tun! Mir persönlich reicht der C64, wenn ich wilde Retro-Anwandlungen habe.

Für mich ist der C64 Maxi das Feinste, was ich seit Langem aus dem Retro-Bereich in die Hand bekommen habe. Für Preise um 120€ bekommt man eine Menge Spaß, taucht in längst vergessene Spielewelten ein und hat dieses besondere Gefühl, welches ein schnöder Emulator am PC einfach nicht hinbekommt. Natürlich hat das viel mit Nostalgie zu tun und wer niemals einen C64 (oder vergleichbares Gerät) hatte, wird wahrscheinlich den ganzen Blog kaum verstehen können. Wer aber früher die „Brotkiste“ im Herzen hatte und auch mal übermüdet zur Schule kam, weil Maniac Mansion so fesselte, wird auch mit diesem kleinen technischen Tribut viel Spaß haben. Es erinnert an eine Zeit, als Technik noch einen Zauber hatte und nicht purer Alltag zwischen Smartphone, Netflix und Internet war.

Nachtrag: Ich sehe gerade, dass C64 Maxi z.T. ausverkauft ist und oft nur zu überteuerten Preisen angeboten wird. Hier lohnt sich bei Interesse bestimmt etwas Geduld, das Checken auch kleinerer Shops, es sind zudem weitere in Produktion.

Was mich interessieren würde: Haben Sie Erfahrungen mit dem C64 oder mit einem anderen, frühen Home Computern?

Redaktionelle Beratung: Petra Schwarze

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