Kürzlich drückte man mir ein neues Handy zum Testen in die Hand. Nachdem ich ein paar Funktionen durchgeklickt hatte, öffnete ich die vordere Kamera und machte ein Selfie. Was ich sah, konnte ich zuerst kaum einordnen. Ein Milchbrötchen mit Augen trifft es wohl am besten. War das Ding kaputt? Hatte ein Kollege spaßeshalber Butter auf der Linse verteilt? Nein, es war standardmäßig der Beauty-Filter angeschaltet. Wollte ich das? Nein. Sehe ich als nebulöse Gestalt besser aus? Vielleicht zu Halloween. Aber hinter all dem steckt ein größeres Problem.
Im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh werden zwei Männer von einem Mob fast totgeprügelt, in Brasilien wird massiv Wahlwerbung mit frei erfundenen Nachrichten betrieben und deutsche Kinder leben in Angst vor einem Monster – alles ausgelöst durch Falschmeldungen über WhatsApp. Was sich wie ein schlechter SciFi-Roman liest, ist längst Realität. Über den beliebtesten Messenger werden mittlerweile nicht mehr nur private Nachrichten verschickt, WhatsApp ist ein Verteiler für Ängste, Vorurteile und Hetze für Millionen geworden. Und die Betreiber des Dienstes fragen sich, wie sie der Situation wieder Herr werden können, ohne die Privatsphäre zu verletzen.
Nutzt man ein Betriebssystem schon Jahrzehnte, so ist es wie bei einer Ehe: Es gibt bessere und schlechtere Zeiten und irgendwie arrangiert man sich. Vielleicht ist die große Liebe vorbei, aber man ist einander vertraut und kennt die Macken des anderen. Wenn allerdings Updates mit der Brechstange forciert, Fehler ignoriert werden und der Kundenservice nicht existent ist, wird die Beziehung frostig. Das Miteinander wird kühler und man trifft bestimmte Vorsichtsmaßnahmen. Oder anders ausgedrückt: Es reicht langsam, Microsoft!
Es gibt viele Klischees, die keiner näheren Betrachtung standhalten. Eines davon ist, dass junge Menschen, die mit Technik aufgewachsen sind, sich damit automatisch gut auskennen. Ältere Menschen brechen sich hingegen die Finger, wenn sie einen Grafikkartentreiber installieren müssen. Aber stimmt das auch? Das kann man auch ganz anders sehen! Als ich kürzlich noch eine Studie von Microsoft las, dass vor allem die U-40-Generation auf betrügerische Anrufe und E-Mails hereinfällt, hat mich das nicht mehr verwundert. Aber wie kann man mit Technik aufwachsen und sie nicht beherrschen?
Als ich kürzlich einem Freund mit seinem PC half, sah ich zuerst Office 365 installiert, dann die Netflix App auf seinem Rechner, das aktuelle Photoshop, dazu erzählte er noch von seinem Leasing-Auto. Als ich mich umsah, sah ich weder einen DVD-Player, noch Bücher, obwohl er eigentlich totaler Medien-Enthusiast ist. Darauf angesprochen, meinte er sinngemäß, Besitzen sei eigentlich veraltet, Nutzen sei viel wichtiger und was er brauche, würde er halt streamen, mieten oder abonnieren. Spätestens beim nächsten Umzug würde man den Vorteil bemerken. Ist das klassische Kaufen und Besitzen wirklich Vergangenheit?