Eine meiner frühesten Erinnerungen betrifft die Werbung im Fernsehen. Es hatte sich ein berühmter Fußballer gerade frisch rasiert, wollte sich pfeifend sein Eau de Toilette auftragen und - herrje – es war alle. Das muntere Pfeifen stoppte, er stutzte, kramte aber eine neue Flasche hervor und konnte sich nun glücklich weiter damit benetzen. Schon damals war der Spot an sich eher langweilig, allein der Star wirkte auf mich und das Rasierwasser kaufte ich meinem Vater zu Weihnachten. Noch mehr Wirkung haben Empfehlungen von Freunden oder persönlichen Vorbildern. Besonders junge Menschen sind beeinflussbar und genau das macht sich die Werbeindustrie ohne Hemmungen zunutze.
Kürzlich lief mir ein Angebot über den Weg, bei dem ich nicht wegschauen konnte. Das Amazon Fire HD 8 wurde am „Prime Day“ (eine Art Feiertag für Amazon) in der kleinen Variante für knapp 60 € verkauft. Grund genug, dem Tablet mal eine Chance zu geben – man hat ja sonst nichts zu tun im Urlaub. Meine Überlegung dahinter war: Für den Preis kann man kein High End-Produkt erwarten, eine unbrauchbare Gurke wird der Hersteller unter eigenem Banner jedoch auch nicht verkaufen. Spannend!
Geständnisse an der Wursttheke sind ja eher ungewöhnlich, aber kürzlich hörte ich eines. Eine Dame flüsterte (verblüffend laut) ihrer Freundin zu, dass sie genau noch eine Telefonnummer aus dem Kopf kenne. Den Rest kenne nur ihr Handy, einzig die eigene Nummer sei immer parat. Während ich langsam in der Schlange vorrückte, dachte ich nach und kam auf sieben Nummern, immerhin. Und mein Langzeitgedächtnis funktionierte, Schillers Glocke konnte ich noch, das beruhigte mich. Eine Frage aber blieb: Was wüsste ich wirklich ohne digitale Hilfsmittel?
Über manche Dinge spricht man nicht. Sich selbst googlen, eitle Selfies machen, Fastfood in sich hineinstopfen oder auf der Straße wegschauen, um nicht mit bestimmten Menschen sprechen zu müssen – das behält man lieber für sich. Wo man einfach immer lügt: beim Abhaken von AGB. Bei unzähligen Installationen, Käufen und Updates scrollt man mit Lichtgeschwindigkeit durch ellenlange Texte, um endlich die erlösende Zustimmung geben zu können, es soll ja weitergehen! Was man dabei nicht überlegt: Man geht damit einen Vertrag ein, ungelesen.
Stöbert man durch die Weiten des Internets, bringt einen Vieles zum Staunen, aber nur Weniges zum Nachdenken. Erwachsene, die sich Fellkostümen verlustieren, bizarre Schönheitsoperationen, der letzte Ernährungs-Hype oder selbsternannte Heilige, die das baldige Armageddon verkünden – kennt man schon alles. Wenn aber Menschen schreiben, sie würden nun keine Nachrichten mehr schauen, weil sie es schlicht nicht mehr ertragen können, macht mich das nachdenklich. Denn eines ist klar: Mit dem Internet hat sich die Nachrichten-Landschaft verändert und wir müssen lernen, damit umzugehen.